Review

Scout Niblett

It’s Up To Emma

Drag City • 2012

Die Schottin ist keine Freundin subtiler Andeutungen musikalischer Vorbilder und Einflüsse. Die Assoziation zur frühen PJ Harvey blitzt schon nach wenigen Sekunden des Openers »Gun« überdeutlich auf: krachige Mollakkorde und eine leidende Frauenstimme von Liebe, Verlust und Feuerwaffen singend – das klingt schon sehr nach der jungen Polly Jean. Aber nicht nur das Rohe, Wilde, Verletzliche der frühen PJ Harey, auch das Sanfte, Schüchterne, Verletzliche von Cat Power in den 1990er Jahre hat Scout Niblett im Repertoire. Und so gesellen sich schon im zweiten Stück Streicher und arabische Melodiebögen in den minimalistisch rohen Rocksound, dazu die typisch gezogenen Gitarrentöne am Ende einer jeden Phrase (ein Erkennungsmerkmal des Niblett’schen Gitarrenspiels). Nibletts Relevanz fußt also zum einen auf dem Zusammenspiel von zart und wild, zum anderen auf der Tatsache, dass jemand die von Harvey und Marshall einst besetzte Nische auch heute ausfüllen sollte – sonst würde es neben Teenie-Idol und Folk-Elfe fast keine weiteren weiblichen Rollenbilder im Musikbusiness geben. Das gelingt ihr vorzüglich und lässt immer noch genug Freiraum, auch ihren Humor aufblitzen zu lassen – z. B. mit der genialen TLC-Coverversion (!) von »No Scrubs«.

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