Review

Julia Holter

Loud City Song

Domino • 2013

»Heavens, all the heavens of the world/ Are you looking for anything?« – Zwischen Ansprache und innerem Dialog schwankend machen diese ersten Worte des dritten Albums von Julia Holter genau den Zwischenraum auf, in der die Musik der 28-jährigen Künstlerin aus Los Angeles sich seit ihrem Debüt »Ekstasis« vor drei Jahren bewegt. »Loud City Song« macht einfach dort weiter, wo die ersten beiden Alben aufhörten (auch wenn es sich hier erstmals um ein in einem Tonstudio aufgenommenes Werk handelt). Inhaltlich orientiert sich Julia Holter diesmal an »Gigi«, einer Novelle der französischen Schriftstellerin und Künstlerin Colette aus dem Jahre 1944, und verbindet die literarische Vorlage mit ihrer Heimatstadt Los Angeles heute und dem dieser Stadt innewohnenden Kult um Prominente. Hinzu kommen u.a. Elemente, die an die große Oper oder ans Varietétheater erinnern. »World«, dieser erste Song, aus dem das o.g. Zitat stammt, fungiert so als eine Art Ouvertüre, in der Holter nur mit Stimme und zarter Instrumentierung das Werk einleitet; der Sprechgesang zur jazzigen Bassfigur auf »In The Green Wild« ist das Äquivalent zum Rezitativ in der Oper; »Maxim’s II« greift das Thema von »Maxim’s I« auf und so weiter. Man muss das theatralische schon mögen, um hier wirklich in den Genuss zu kommen. Aber dann gibt es kein Halten mehr. »Loud City Song« ist voll von Anspielungen und Möglichkeiten. Die Kunst von Julia Holter ist es, dass sie dabei mehr andeutet als ausformuliert. So schnürt sie halt ein Konzept, aber eben nur so fest, dass es noch Luft zum Atmen hat. So formuliert sie Lyrics, die in gleichem Maße konkret wie vage sind. Und durch dieses permanente Spiel mit Andeutungen entsteht dann der Zwischenraum. In diesem Raum hat sie viel Platz. Julia Holter ist eine der ganz wenigen, die Pop als Kunst versteht und umsetzt. – »Oh can I escape you?«