Review

Sóley

Krómantik

Morr Music • 2014

Bisher hat es Sóley Stefánsdóttir, Mitglied der isländischen Band Seabear und seit dem Jahr 2011 auch auf Solopfaden unterwegs, nicht über den Status des Geheimtipps hinaus geschafft. Was vielleicht daran liegt, dass sie den mal fragilen, mal forschen Pop-Entwurf, den sie auf ihrem Debütalbum »We Sink« präsentierte, von der Schräge aus denkt. Denn bei Sóley muss auch die straighteste Nummer mit Ecken und Kanten aufwarten. Nun meldet sie sich nach einiger Zeit mit einer ungewöhnlichen Platte aus dem Mutterschaftsurlaub zurück, auf der eben diese Ecken und Kanten Regie führen. Die EP »Krómantik« versammelt acht zumeist instrumental gehaltene Pianostücke, von denen die meisten für diverse Kunstprojekte komponiert wurden. Erinnert schon der Titel dezent an den Begriff der Nekromantie, der Totenbeschwörung, so scheinen die morbiden Illustrationen, die das Cover sowie das aufwändig gestaltete Booklet schmücken, dem Recht zu geben. Auch die herrlich erdig produzierten Miniaturen, die sich auf »Krómantik« zueinander gesellen wie Tanzende bei einem danse macabre, scheinen gleichzeitig vertraut wie befremdlich, kurzum: schlichtweg unheimlich. Durch die merklich verstimmten Klavierakkorde lässt Sóley Motive durchklingen, die in verhallten, zarten Tönen eine vergeisterte Vergangenheit in vergilbten Farben auferstehen lassen. Diese acht schönen Postkarten aus unerhörten, nie erlebten Tagen lassen sich am besten nach Mitternacht betrachten und machen umso neugieriger auf Sóleys Zweitwerk, das für das kommende Jahr angekündigt ist. Denn wenn wir mal ehrlich sind: Ohne ein gewisses Maß an Ecken und Kanten wäre jede Musik ein ganzes Stück ärmer.

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Soley
Kromantik
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