Review

Jon Hassell / Brian Eno

Fourth World Vol. 1: Possible Musics

Glitterbeat • 2014

Musik eignet sich immer wieder hervorragend, um die Relativität der Zeit zu veranschaulichen. Manche Platten zumindest nehmen bei ihrem Erscheinen Dinge vorweg, die erst viel später genauer erkundet werden, sodass man sich beim Hören mit einigen Dekaden Abstand wundert, ob es womöglich einen Unfall im Raum-Zeit-Kontinuum gegeben hat, der diese Klänge damals ermöglichte. Bei ihrer ersten Zusammenarbeit schufen der Trompeter Jon Hassell und Brian Eno mit »Fourth World Vol. 1: Possible Musics« eine solche unwahrscheinliche Konstellation, die im Jahr 2014 viel mehr zu Hause zu sein scheint als im Jahr 1980. Enos »Ambient 1« war gerade zwei Jahre alt, im folgenden Jahr sollte Enos als Meilenstein gefeierte Kooperation mit David Byrne »My Life in the Bush of Ghosts« herauskommen. Im direkten Vergleich zu der Eno/Byrne-Platte mit ihrer Sampling-Ästhetik wirken die »möglichen Musiken« von Hassell und Eno allerdings um einiges frischer, gelingt ihnen doch die diskrete Integration von ethnischer Musik und Ambient in einen Raum, der ebenso »ortlos« klingt wie hoch spezifisch. Hassells elektronisch bearbeitete Trompete verbindet sich mühelos mit Enos im Hintergrund gehaltenen Synthesizern, die ihrerseits den idealen Rahmen für die sparsam eingesetzten Perkussions- und Basstöne schaffen. Alles fügt sich perfekt zueinander – und ist andererseits fast verstörend in seiner Offenheit, die den Kopf freihält und zugleich in ihren Bann zieht.

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