Review

Wanda Group

Central Heating

Black Opal • 2016

Wanda Group schreibt seine Facebook-Einträge ausschließlich in Caps Lock und ist auch sonst eher ein Freund von vulgärer, aggressiver Ästhetik. Er hat in den letzten Jahren allerdings innerhalb dieses ästhetischen Rahmens einige gleichermaßen interessante wie spannende Platten produziert. Deren Stil ist schlecht zu kategorisieren, am ehesten lassen sie sich vielleicht mit dem Begriff Digital Concrète zusammenfassen, der als Anspielung auf die Tradition der Musique Concrète des Öftern mit dem Geistesverwandten Krach- und Kaputtmacher Helm zu lesen war. »Central Heating« ist Louis Johnstones ungefähr 36. Wanda Group-Release seit 2011 und führt sein bisheriges Programm mit noch mehr Dynamik fort. Johnstone verwischt die Grenzen zwischen Klangquellen und dem Generischen. Wo auf »Central Heating« Feldaufnahmen aufhören und wo eventuell nur Samples und Presets durcheinander geworfen werden, ist nicht zu erkennen. Was sich allerdings in den 45 Minuten Spielzeit über die beiden Seiten der LP entspinnt, ist ein abstrakter Narrativ. Zwischen all dem verfremdeten und entfremdenden Krach nämlich wird eine Körperlichkeit offenbar, die kaum Distanz zu ihrem Publikum lässt. Mechanische, menschliche Bewegung und Betätigung ist zu hören – vielleicht repariert jemand eine Heizung, vielleicht aber wischt sich jemand lediglich den Arsch ab. Vielleicht beides, vielleicht keins von beidem. Diese Unsicherheit, gepaart mit einer ständigen Präsenz irgendwie menschlicher Klänge im Durcheinander aus Klimpern, Kratzen und Kreischen von scheinbar völlig ursprunglosen Sounds, macht »Central Heating« zu einer extremen Platte. Die lässt sich eventuell sogar als vulgärer, aggressiver Kommentar auf eine glatte, entkörperlichte Social-Media-Welt lesen, in der selbst ein kurzer Kommentar in Caps Lock noch zu viel der Misstöne schafft.

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