Review

Kevin Morby

Singing Saw

Dead Oceans • 2016

Die Stimme driftet ins Nasale, der Vokal in die Länge: Manchmal (»Water«) klingt Kevin Morby (Gründer von The Babies, Gitarrist bei Woods) wie Bob Dylan. Aber nur in diesen Momenten macht der in Zusammenhang mit Kevin Morby oft bemühte Vergleich Sinn. Tatsächlich ähnelt Morby viel mehr einer noch vergleichsweise jungen Band: den kanadischen Düster-Folk-Musikern Timber Timbre. Seine Stimme erinnert schon von der Klangfarbe an Taylor Kirk; vor allem, aber benutzen sie beide mit dem selben Effekt. Wie Kirk belegt auch Morby seine mit einer Menge Hall. So entsteht einerseits Distanz – gleichzeitig aber auch Raum. Raum, in den sich der Hörer fallen lassen kann, und so schließlich doch enger an die Musik rückt, Distanz die Nähe schafft. Ganz ähnlich auch die Instrumentierung. Meist zupft oder klimpert es zurückhaltend, die Songs pirschen durchs Gras. Und springen im richtigen Moment auf, um Jagd zu machen. »Singing Saw«, Morbys drittes Solo-Album, hat dort am meisten Kraft, wo sich die Lyrics der Instrumentierung entsprechen. Exemplarisch hier die Single. »I’ve Been To The Mountain« ist ein Martin Luther-King Zitat. Auf einfachen Gitarren-Akkorden und Bassline bleibt Morby erst versteckt hinter kryptischer Poesie (»Round the mouth / Make an echo«), um kurz darauf unvermittelt aus der Deckung zu gehen: »That man lived in this town/Til that pig took him down/And have you heard the sound/Of a man stop breathing, pleading?«. Chor, Trompete, E-Gitarren-Solo. Der gerade noch schleichende Jäger schnellt aus seiner Deckung. Kurz überschlägt sich alles, danach ist da wieder Wald, Dickicht, Mond, Morbys Poesie von Natur und Gemütszuständen.