Nachdem Regen kommt nicht immer die Sonne, manchmal bleibt der Himmel verhangen hinter einem Nebelschleier. Altostratuswolken nennt die Meteorolgie das. Evidence nennt es [»Unlearning Vol.1«](https://www.hhv-mag.com/de/new/11666/evidence-exclusive-edition-unlearning-vol-1,) sein viertes Soloalbum, das dieser Tage bei Rhymesayers Entertainment erscheint. Denn Michael Perretta, wie Evidence mit bürgerlichem Namen heißt, ist kein Meteorologe, sondern Rapper, Produzent und vor allem die Definition von real – was auch immer das 2021 bedeutet.
Mit seinem Solodebüt »The Weatherman« aus dem Jahr 2007 löste sich Mr. Slow Flow erstmals aus dem Gruppengefüge seiner Crew Dilated Peoples die vorher in zehnjähriger Bandgeschichte mit Hits wie »Work the Angles« oder »Worst Comes To Worst« den Underground-Rap der US-Westküste mitgeformt hatten. Seine 15-jährige Karriere hat Evidence mittlerweile sowohl vor den Musikmaschinen, als auch hinter den Membranen mit stilprägenden Figuren wie Kanye West, DJ Premier und natürlich seinem High-School-Freund The Alchemist aber auch Vince Staples, Sa-Roc, und zuletzt dem Griselda-Records-Haufen zusammengebracht.
Der 44-Jährige ist nicht nur eine internationale Underground-Ikone, sondern war einer der ersten Rapper überhaupt, der es sich erlaubt hat, erwachsen zu werden. Denn was EV auf der ikonischen »Weather«-Trilogie und auch jetzt auf »Unlearning Vol.1« zeigt, ist nicht bloß ein klares Bekenntnis zur Hip Hop-Kultur aus cleveren Wortspielen, Rap-Referenzen und handverlesenen Crate-Diggin-Beats, sondern das Psychogramm eines B-Boys aus Venice Beach, der die Demut entdeckt. »I’m a problem child/ Face a lot of karma waiting«, rappt er auf der zweiten Single »Pardon Me« mit der für ihn typischen Performance eines ruhenden Kriegers. Die 14 neuen Songs erzählen von der Leidenschaft eines Beatmakers, Cratediggers und Reimfetischisten, aber eben auch den Real-Life-Issues eines Geschäftsmanns, Lebensgefährten und Familienvaters. »Let me be/ The Rest will see/ I’m still chefin’ up the recipe«, heißt auf »Where We Going From…« etwa. Hier verrät und Evidence 10 Schallplatten, die in dieses Rezept eingeflossen sind.