Review

Sinkane

Dépaysé

City Slang • 2019

Ahmed Gallab ist ein Held. Einfach für die bei ihm wie selbstverständlich erscheinende Haltung, die er in Dingen an den Tag legt, die unsere Zeiten so fordern: die zunehmende Bewegung von Menschen über den Globus bei gleichzeitig abnehmender Bereitschaft vieler sesshafter Leute, Leute von weiter weg bei sich zu Hause zu akzeptieren. Der in London geborene Musiker, dessen Familie aus dem Sudan stammt und der inzwischen als Amerikaner – als schwarzer Muslim wohlgemerkt, wie er selbst hervorhebt – in den USA lebt, weiß, wovon er spricht, wenn er sein jüngstes Album »Dépaysé« nennt. Dem setzt er ein entwaffnendes »I’ve never met a stranger anywhere« entgegen. Will sagen: Fremde sind wir einander alle. Oder eben überhaupt für niemanden. Den Zustand des Entlandetseins bildet er auch musikalisch ab, wenn man so will. Einflüsse von überallher finden sich bei ihm, von afrikanischen Stilen wie Afrobeat oder Highlife bis zu Funk und Soul. Und eben auch Rock. Den gäbe es bekanntlich nicht ohne afroamerikanische Innovationen wie den Blues. Auf »Dépaysé« nimmt dieser Rock, obwohl er nie in Reinform in Erscheinung tritt, allerdings immer wieder die Form der dominanten Geste an. Ein bisschen hat man fast den Eindruck, Sinkane wolle seine stilistische Heterogenität mit der Übersetzung in das stadiontaugliche Format auch einem Publikum wie etwa weißen US-Amerikanern schmackhaft machen. Dass er oft viel stärker klingt, wenn er seine Vielfalt sich auch als solche frei entfalten lässt, hat er auf früheren Platten demonstriert. Hier gestattet er sich das nur noch vereinzelt. Hatte er diesmal Angst, womöglich nicht genug durchzudringen?