Wie Water from Your Eyes mit leicht kaputten Sachen Freude machen

27.10.2025
Foto:Adam Powell / Beggars Group

Was passiert, wenn Pop auseinanderfällt und trotzdem glänzt? It’s a Beautiful Place von Water From Your Eyes macht aus Fehlern Funkeln, aus Krach Melodie. Rachel Brown und Nate Amos zeigen, wie schön es klingen kann, wenn alles ein bisschen zu viel ist.

Theoretisch handelt es sich bei It’s a Beautiful Place bereits um die siebte Platte von Water From Your Eyes. Doch erst mit ihrem sechsten Album, dem Matador-Debüt Everyone’s Crushed, wurde das Brooklyner Duo einem größeren Publikum bekannt. So gesehen ist It’s a Beautiful Place irgendwie erst das verflixte zweite Album. Aber schnell wird klar: Water From Your Eyes sind gekommen, um zu bleiben. Innerhalb seiner kurzen Laufzeit von 29 Minuten erschafft das leicht kaputte Album eine ultraspaßige Reise, die andere Platten nichtmal auf doppelter Länge hinbekommen.

Gemeinsam kreieren Rachel Brown (Gesang) und Nate Amos (Gitarre/Produktion) abenteuerlustigen Art-Pop voller Störgeräusche und Ear-Candy-Momente; jede Ultraverzerrung kribbelt, jeder Drumbeat boomt, kein Song endet ohne Überraschungen. Postmodern ist ihre Musik, weil sie sich an den unterschiedlichsten Sounds bedient, die online auffindbar waren – und sich doch nicht zuordnen lassen: »Every song is a remix of a song that doesn’t exist«, erzählte Nate Amos mal im Interview mit Stereogum.

Mit digitalen Mitteln kombinieren Water From Your Eyes die kuriosesten Klänge, trotzdem klingt It’s a Beautiful Place organisch und handgemacht. Water From Your Eyes sind nicht wirklich eine Rockband, nicht wirklich ein Electronic-Duo, gleichzeitig sind sie beides. Selten hört man Kunst, die auf so lebendige Weise ambitioniert ist und sich dennoch ihren DIY/Bedroom-Charme behält.

Water FromYour Eyes 2025
Nate Amos und Rachel Brown von Water From Your Eyes (Foto: Adam Powell / Beggars Group)

…so kommt das Licht rein

Und – noch viel wichtiger – selten hört man einen so unglaublichen Banger wie »Nights in Armor«: Hart und aggressiv ist der Song, Rachel Browns Vocals klingen wiederum so, als wäre sie unbeeindruckt und geradezu gelangweilt. Im Kern ist »Nights in Armor« vor allem ein beeindruckender Popsong, was man bei der aufgeblasenen Klanggewalt oft vergisst. »Fight me, I burn brighter«, singt Brown – und verpackt das Ganze in eine simple, ultraeingängige Sechs-Töne-Melodie.

Die risikofreudigen Popsongs von Water From Your Eyes sind zerstückelt, heißt: Sie wechseln ständig ihr Gesicht, hüpfen herum und weigern sich, stehen zu bleiben. Fragmentiert sind auch ihre Einflüsse: »Life Signs« hat etwas von Progressive Metal – inklusive ungewöhnlicher time signatures und wütender Metal-Riffs –, auf der anderen Seite lieben Water From Your Eyes die Red Hot Chili Peppers. »Playing Classics« hingegen wurde von Charli XCX beeinflusst und könnte beim Auflegen direkt am Anschluss an irgendeinen BRAT-Track gespielt werden.

Mit großen Augen schauen Water From Your Eyes sich die Welt an. In der Konsequenz macht sie das weniger negativ als auf dem zynischen Vorgänger Everyone’s Crushed.

Ihre Musik ist überdreht und dadurch funny, besitzt gleichzeitig aber eine Aufrichtigkeit. Der dadaistische Stoner-Humor des Vorgängers Everyone’s Crushed rückt in den Hintergrund; tatsächlich hat vor allem Nate Amos seiner Zeit als Kiffer beendet (und dieses Thema auf dem großartigen Album Box for Buddy, Box for Stars seines Soloprojekts This Is Lorelei aufgegriffen.) Die Band würde es vermutlich hassen, wenn sie das lesen würde, aber: It’s a Beautiful Place hat eine tiefe Melancholie, vor allem durch instrumentale Interludes wie You Don‘t Believe In God?.

Nicht an Gott zu glauben hat für Nate Amos und Rachel Brown nichts mit fehlendem Glauben (im religiösen Sinne) zu tun, sondern mit dem Leugnen der Schönheit dieser Welt. All die unglaublichen Facetten unserer Erde nicht wahrzunehmen, scheint für die beiden eine wahre Sünde zu sein. Dieser Gedanke steckt in jeder Note dieses wundersamen Albums. Mit großen Augen schauen Water From Your Eyes sich die Welt an. In der Konsequenz macht sie das weniger negativ als auf dem zynischen Vorgänger Everyone’s Crushed. Man erkennt einen Zusammenhang zwischen dem Albumtitel und dem Sound von It’s a Beautiful Place: Schöne Sachen sind leicht kaputt – und leicht kaputte Sachen machen Freude.

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