Records Revisited: Genesis – The Lamb Lies Down on Broadway (1974)

31.10.2025

Konzeptalbum galore: Auf ihrer letzten Platte mit Peter Gabriel fuhren Genesis mächtig auf, nicht zuletzt musikalisch. Weniger stundenlange Soli, mehr schön-schräge Artrocksongs.

Mit ihrem ersten Doppelalbum hatten Genesis einiges vor, selbst eine Verfilmung war geplant: Gabriel hatte die Band während des Recordings sogar vorübergehend verlassen, um mit Regisseur William Friedkin an einem Drehbuch zu arbeiten. Aus dem Film wurde nichts. Vielleicht war das gar nicht schlecht. Die Handlung, eher eine lose Abfolge rätselhafter Szenen, ist ohnehin nicht der stärkste Teil dieses Projekts.

Unter Genesisolog:innen mag Uneinigkeit darüber bestehen, welches Album der Band das beste ist. Doch The Lamb Lies Down on Broadway gilt weithin als das ultimative Konzeptalbum des Prog– oder Artrock. Es bietet unentschlossenen Fans sogar die Möglichkeit, sich für eine der beiden Hälften zu entscheiden.

Die erste enthält die Hits. Allen voran den sanft treibenden Ohrwurm »Carpet Crawlers« und den strudelnden Acht-Minuten-Trip »In the Cage«. In der zweiten Hälfte treiben die Band ihre Prog-Finesse noch weiter. Besonders »The Waiting Room«, das nahtlos an die Rocknummer »Lilywhite Lilith« anschließt, erinnert an einen frei improvisierten psychedelischen Jam. Keyboarder Tony Banks nutzt seine Synthesizer hier nicht für endlose Soli, sondern erzeugt brodelnde Klanggebilde ohne Melodien oder Akkorde. Überhaupt nehmen Synthesizer auf dem Album eine wichtigere Rolle ein, etwa im sägenden Bass-Sound von »Back in N.Y.C.«. Für einige elektronische Effekte („Enossification“) zeichnete Brian Eno verantwortlich.

Viel los, but I like it

The Lamb Lies Down on Broadway steckt zudem voller Pop-Referenzen. Der Titelsong zitiert die ersten Zeilen aus »On Broadway« der Drifters (»They say the lights are always bright on Broadway…«). In »Broadway Melody of 1974« reiht Gabriel Namen wie Groucho Marx, Lenny Bruce, Marshall McLuhan, Caryl Chessman und Howard Hughes aneinander. Später singt er in »In the Cage« die Zeile »Raindrops keep falling on my head« – ein Zitat aus dem Song von Burt Bacharach und Hal David, bekannt aus George Roy Hills Film Butch Cassidy and the Sundance Kid (1969). Im letzten Stück »it.« heißt es schließlich: »‚Cause it’s only knock and know all, but I like it« – eine augenzwinkernde Parodie auf den Rolling-Stones-Klassiker »It’s Only Rock ’n Roll (But I Like It)«, der im Sommer 1974 erschien, kurz bevor Genesis mit den Aufnahmen begannen.

Eine häufige Kritik an The Lamb Lies Down on Broadway lautet, das Album sei überfrachtet. Mag sein. Aber man muss ja nicht alles auf einmal hören. Was es herausragend macht, ist der absurde Humor von Peter Gabriel, der sich hier erstmals gegenüber dem früheren, historisierenden Pathos durchsetzt. Statt Bombast gibt es spielerische Ironie. Und wenn Gabriel im skurrilen »The Colony of Slippermen« ausnahmsweise klassisches Bildungsgut bemüht – etwa William Wordsworths berühmtes Gedicht »I Wandered Lonely as a Cloud« – dann beginnt das Ganze mit einem beherzten »Buppity-bup«.

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