Das Label verrät: Bei Vai handelt es sich um einen Produzenten, der bereits mit mehreren Releases auf sich aufmerksam gemacht hat. Nur eben nicht unter dem Namen Vai, über den sein Label Holger nichts weiter erwähnt, was Rückschlüsse auf seine Identität erlauben dürfte. Damit ist Vai im Techno-Zirkus keine Ausnahmefigur, den Schleier der Anonymität ziehen sich viele gerne über. Meist lautet die Begründung dafür, dass sich HörerInnen so besser auf die Musik konzentrieren könnten. Das stimmt einerseits, andererseits macht die Neugier dem Ganzen einen Strich durch die Rechnung. Denn eine Platte wie »Sons Of Idaia« lädt zu Exegesen ein. Auf die simple Art, die vom Titel in die griechische Mythologie führt und per Projektnamen auf einen Palmenstrand auf Kreta. Also vielleicht Aggelos Baltas, der unter seinem Pseudonym Dream Weapons bereits zweimal auf Holger veröffentlichte. Der Hang zum Analogen scheint Baltas und Vai zumindest zu vereinen. Wenn dem allerdings so ist, dann wird Vai der Raum für die Introspektion eingeräumt, die bei Dream Weapons zu kurz kommt. Vom Modular-Geplucker des ersten Tracks bis zu den balearisch angehauchten Ambientklängen offenbart sich auf »Sons Of Idaia« jemand – und das wäre die andere Form von Interpretation – der zwar aus dem Clubbereich kommt, manchmal aber lieber die kleinen, minimalistischen Gesten und leisen Töne vorzieht. Der vielleicht sein Nebenprojekt als Ventil benutzt für das, was abseits des Hedonismus liegt. Die zaghaft verzahnräderten Rhythmen von »Get Away From It All«, wie ein Track passender Weise heißt, die sich zwischen Feldaufnahmen und stolpriger Synthiefigur aufspannende Traurigkeit und selbst die käsigen Abschiedsstücke mögen zwar anonym präsentiert werden – eine Menge Charakter steckt trotzdem in ihnen.

Son Of Idaia