Diesmal kommen wir aber wirklich zu spät zur Bandprobe. Unser Gitarrist, Jahrzehnte vor uns da, ist in sein Delay gefallen, kam aus eigner Kraft nicht wieder raus, und hat sich häuslich eingerichtet. Und wie wir beim zweiten Stück auf den Titel schielen, tritt uns das ganze Elend einer abgenagten Tapete vor die Augen und wir frösteln. Noch drei Stücke, jedes so lang wie die ersten beiden zusammen? Wie sollen wir da durchkommen? Eh wir uns versehen, sind wir in die Polster gesunken, und die dann folgende halbe Stunde feinster, schlichter Gitarrendrones sind vorüber. Ohne Dräuen, ohne Sturm, sogar ohne Melancholie, friedvoll und absichtslos changierend wie durch Wolken brechendes Sonnenlicht bewegen sie sich sanft im Raum. Der Gebrauchswert dieser betont unaufdringlichen Stücke ist überraschend; sie wirken wie eine Tasse guten Tees, der mehrfaches Aufgießen belohnt. In der Tat erschien dieses Album vor längerer Zeit bereits in Kleinstauflage als Tape. Alex Cobb, der mit diesem Re-Release sein Projekt Taiga Remains verabschiedet, betreibt von Cincinnati aus das Label Students of Decay, das sich wie auch San Franciscos Helen Scarsdale Agency einer Ästhetik der Korrosion, des Verrauschens und Verschwindens verschrieben hat. Das liest sich plastischer oder auch hauntologischer als es zuweilen tönt. Der größte Teil dieses Albums lebt jedenfalls einfach davon, dass es Cobb gelingt, eine abgestufte Palette mit großer Ruhe zu entfalten.
Ekin Fil
Being Near
The Helen Scarsdale Agency