Trickski – Immer schön langsam

14.07.2011
Foto:Suol
Housemusik fernab der tanzbeinoptimierten Taktzahl und unter 110 bpm war in der ersten Jahreshälfte omnipräsent. Wie passend, dass Trickski just in diesem Moment ihr erstes Album __Unreality__ veröffentlichen.

Die angezogenen Handbremse im House war in der ersten Hälfte des Jahres omnipräsent – egal ob Veteranen wie Mark E oder das 6th Borough Project: Slowhouse war plötzlich in aller Munde und vor allem auf jedem Tanzflur zugegen. Musik, fernab der tanzbeinoptimierten Taktzahl und unter 110 bpm. Wie passend, dass Yannick Labbé und Daniel »Stoerte« Becker, besser bekannt als Trickski, just in diesem Moment ihr erstes Album Unreality auf den Mark bringen. Als Resident-DJ’s im Cookies und so smarten 12inches wie Pill Collins, einem runtergedrehten Endlos-Edit vom Klassiker I’m Not Moving des ehemaligen Genesis-Frontmanns, oder der Vorabsingle Wilderness – mit grandiosem Genius of Time-Remix – haben sich die beiden Jungs im Laufe der letzten Dekade zu einer festen Institution im Berliner Rave-Dschungel gemausert.

Weniger ist mehr
Ursprünglich kommen die beiden Spezies aus Freiburg. »Da unten gibt es einfach eine Entspanntheit, eine Offenheit und Ruhe, die findest du in Berlin nicht so einfach«, beschreiben die beiden die Gegend um den Schwarzwald herum, welche sie vor zehn Jahren Richtung Berlin verließen. Vielleicht ist es genau diese Entspannung, welche die beiden unbewusst in ihre Tracks einbauen. Das Intro von Unreality, wohldosiertes Pianogeklimper und ein entspannter Hauch von Beat, heißt nicht umsonst Slowstens. Die Begrifflichkeit des Slowhouse kommt also genau zum richtigen Zeitpunkt auf. »Einiges, das in dieser Schublade landet, ist ja geistesverwandt und auch sehr, sehr gut. Sexy, rough, soulful. Vieles davon geht bei schnelleren Produktionen häufig verloren.«

» Leichte Berührungen und Andeutungen können manchmal stärker wirken als ein Vorschlaghammer.«

Worin liegt also der Reiz, Songs mit geringeren bpm-Zahl zu produzieren? Wird ein Track dadurch »größer« und hat man mehr Fläche um ins Detail zu gehen? »Genau das ist es«, finden die beiden. »Du hast viel mehr Platz für Musik,und lässt gleichzeitig den einzelnen Beatelementen mehr Raum, um sich auszubreiten und zu atmen. Du hast ständig das Gefühl, der Track fällt in sich zusammen. Was er aber natürlich nicht tut. Das erzeugt eine Spannung, die Uptempo-Funktionsmusik gar nicht leisten kann. Auch das ist Teil dieser Sexyness und Subtilität, die wir eben beschrieben haben. Leichte Berührungen und Andeutungen können manchmal stärker wirken als ein Vorschlaghammer.«

Keep it unreal
Die Marschrichtung ist also low und slow, Auf dem Album wechseln sich dennoch verschiedenste Stimmungen ab – all das eben, was sich unter dem Albumtitel der Unrealität zusammenfassen lässt: Liebe, Glaube, Verlust, Sehnsucht und die Reflektion über die Seltsamkeiten des (Club)Lebens. »Diese Unrealität ist das Spannungsfeld zwischen dem was wir fühlen und dem was faktisch ist. Es beinhaltet zum einen die Dinge, die nicht existieren, wir uns aber wünschen. Zum anderen aber auch die, die definitiv vorhanden sind, wir aber nicht wahr haben wollen. Dafür steht auch das Fingers Crossed-Motiv auf dem Cover der Platte.
Jüngst widmete die Süddeutsche Zeitung den Jungs einen Artikel und nannte sie im gleichen Atemzug Paul Kalkbrenner und Dominik Eulberg. »Das freut uns natürlich. Genauso, dass Carl Craig unsere Nummer Sweat lizensiert hat. Wir machen immer noch und seit jeher †ºNischenmusik†¹. Und so eine Einordnung zeigt einfach, dass es gewisse Leute gibt, die sich nicht vor der Nische scheuen bzw. eine Qualität in der Nische sehen. Vielleicht sogar eine Qualität in uns. Auf jeden Fall interessieren sie sich für unsere Musik. Und das fühlt sich sehr gut an.«