Ohnmacht hat viele Gesichter. Manchmal glupscht sie entmachtend aus den eigenen Träumen heraus, manchmal linst sie desillusionierend im langatmigen Alltagstrott hervor oder blitzt in pop-industrieller Profanität durch sich trennende Musikgruppen auf. Nate Eiesland, Sänger und Begründer der Chicagoer Indieband On An On, kennt alle Gesichtszüge dieser fragilen Grimasse. Er und die verbliebenen Mitglieder seiner ehemaligen Kapelle Scattered Trees hätten sich auf ihrem Debüt »Give In« der gesichtslosen Offensichtlichkeit hingeben können, diese spröde Fratze mit musikalischen Maskeraden aus pathetischen Durchhalteparolen oder selbstmitleidigem Gitarren-Pop-Palaver zu kaschieren. Stattdessen aber feixt das Trio lieber erfolgreich in mimischer Gleichgewichtsstörung zwischen tagträumerischen Synthie-Spielereien und vigilantem Brachial-Beat dem matten Antlitz der Alljahresmüdigkeit entgegen. Detailverliebte Song-Strukturen wie »Bad Mythology« oder »The Hunter« – welches mit seinen Olympiastadion-Keyboards der lupenreine Coldplay-Moment der Platte ist – stehen neben elektronischem Antifolk à la »American Dream« oder der sehnsüchtigen Zauberbuch-Musik des Internet-Hits »Ghosts«. Auf der Suche nach dem Gewinn im Verlust arrangieren sich die zehn zerschlagenen Ausreißer-Hymnen vordergründig in Contenance wahrender Rationalität und klagender Subdominante, um eine Tracklist aus lila Hoffnungsschimmer, aber auch dunkelblauem Weltschmerz. Traumwandlerisch balanciert »Give In« zwischen der kindlichen Naivität des Indierock und der ätherischen Zerbrechlichkeit des Dream-Pop zu einem Indietronic-Soundtrack über die Anarchie der Fantasie, der nicht nur dem Frühling sehr gut zu Gesicht steht.

Give In