Label Watch: Oath

25.04.2024
Mit Marketinggeschick und Urvertrauen in den eigenen Geschmack hat sich das Istanbuler Label Oath in nur vier Jahren zu einer Institution für Dance Music mit balearischem Vibe entwickelt. Wir stellen es vor.

Oath ist ein Label für elektronische Musik von renommierten Producern wie John Beltran oder Seb Wildblood bis hin zu Entdeckungen wie Blomfelt. Knapp 20 Releases hat Oath in vier Jahren vorzuweisen, und jedes davon fällt allein schon wegen des Coverartworks in die Kategorie »Kaufen«. Und dann ist da noch die Musik: Ambient, Balearic, Electronica – ein elektronisches Gewusel, das von einem »gemeinsamen Vibe« zusammengehalten wird, wie Oath-Gründer Kubilay Yiğit sagt.

Yiğit ist Mitte dreißig, hat ein Marketingstudium abgebrochen und schon in seinen späten Jugendtagen Labels gegründet. »Als Teenager habe ich Armin van Buuren und andere uplifting Trance-Mukke gehört«, sagt er im Gespräch. »Irgendwann wollte ich auch mal was veröffentlichen, also habe ich mir angesehen, wie das all diese anderen Labels machen. Daraus ist dann Blue Soho entstanden.«

Die unverbundene Vergangenheit

In seinen Zwanzigern wechselt Kubilay von Trance zu Electronica und zieht nach Istanbul, geht ab und an zur Uni und gründet hauptsächlich neue Labels. Eines davon heißt Drug Boulevard. Kubilay durchforstet dafür Discogs nach Veröffentlichungen von aufgelösten Labels, die auf YouTube klicken und lizenziert sie neu. »Ich hab diese Vergangenheit noch nie in Verbindung mit Oath erwähnt, aber um ehrlich zu sein, hilft mir dieser Backkatalog, weil da immer noch Geld reinkommt und ich alles  in Oath investieren kann.«

Oath sei deshalb tatsächlich wie ein Schwur – Kubilay verpflichtet sich, dass wir die Musiker:innen hören, die er gut findet. Das hat natürlich auch mit Werbung zu tun, denn da kommt er her, auch wenn er nie als »Kreativer« in der »Werbeindustrie« gearbeitet hat. Beim Wörtchen Werbung würden viele andere Labels ohnehin abwinken. Zu Recht? Nun, so einfach könne man die Welt nicht verändern und die Menschen nur dort erreichen, wo sie ohnehin sind. Und das sei nun mal Instagram.

Für ein Label, das erst vor vier Jahren gegründet wurde, hat der Oath-Account ziemlich viele Abonnenten. Ein Grund dafür? »Sicher auch der generische Nickname aus vier Buchstaben«, meint Kubilay. Für ein paar tausend Euro könne man so ziemlich jeden Instagram-Handle bekommen. Wie das funktioniert, sei nicht so einfach zu erklären, aber Fakt sei: »Es funktioniert.«

»Oath basiert auf einem einfachen Prinzip: Wenn die Musik gut ist, wird sie geschätzt. Egal, wie lange es dauert.«

Kubilay Yiğit (Oath)

Natürlich hätte er das Geld für den Start des Labels auch anders verwenden können, aber die vier Buchstaben auf Instagram seien »eine Investition in die Zukunft des Labels« gewesen. Außerdem habe er einiges gespart, weil er damals extra für die Labelgründung zu seinen Eltern gezogen sei. Heute lebt Kubilay wieder in Istanbul, veröffentlicht im Monatstakt neue Alben und nennt Oath seine Erfüllung. Ohne die entsprechenden Kontakte ins Ausland wäre Oath allerdings nicht möglich.

Da ist zum Beispiel der Designer Ventral is Golden. Der Brite hat schon für psychotropenaffine Kollegen wie Altın Gün und Acid Mothers Temple Cover gestaltet. Bei Oath übernimmt er auch den nüchternen Posten des Schatzmeisters, denn: In der Türkei ist Paypal verboten, aber Paypal ist die einzige Möglichkeit, auf Bandcamp Geld zu verdienen. Ventral kümmert sich darum, sagt Kubilay, und ist inzwischen ohnehin so etwas wie ein Partner von Oath.

Balearischer Vibe

Als »Chefdesigner« stammen bereits alle Artworks von Ventral. Sie sprechen »seine Sprache«. Veröffentlichungen wie die von John Beltran funktionieren gerade wegen des Designs noch besser, weil Ventral es schafft, »den balearischen Vibe« einzufangen. »Ein Vibe, der so viel mehr ist als elektronische Musik und der den Sound des Labels für ganz neue Leute geöffnet hat.«

Mittlerweile sei Oath ein Job, aber immer noch kein Geschäft, so Kubilay. Er wolle aus der Perspektive der Künstler:innen denken, ihnen »eine Plattform bieten«, den künstlerischen Weg »gemeinsam gehen«. Dazu gehöre auch die Offenheit zur Musik von Musiker:innen, die er noch nicht kennt. »Als ich das zweite Stück von Blomfelts Debüt hörte, habe ich ihm sofort geschrieben. Denn Oath basiert auf einem einfachen Prinzip: Wenn die Musik gut ist, wird sie geschätzt. Egal, wie lange es dauert.«