2009 startet der britische DJ Bradley Zero seine ersten Radioshows auf NTS und organisiert parallel dazu kleine Partys. Trotz bescheidener Mittel entwickeln die Partys einen ganz eigenen Charme – Vinyl only, keine vorab bekannten Set-Zeiten und eine familiäre Atmosphäre locken viele Menschen in den südlichen Londoner Stadtteil Peckham. »Das war das, was ich die goldene Ära nenne. Die ersten Poolhall-Tage waren eine ganz besondere Zeit – die Renaissance von Peckham«. Die Partys entstehen aus einer sehr engen Gemeinschaft von Kunstschüler:innen, Musiker:innen und Designer:innen. »Ich habe mich nie wirklich als Promoter gefühlt – eher als Vermittler im Zentrum dieser Gemeinschaft, die sich um Housepartys, lokale Bars und Bandauftritte gebildet hat«, verrät Bradley Zero.
»Die kreativen Community-Wurzeln des Projekts haben alles, was wir seitdem getan haben, beeinflusst und inspiriert. Sie waren auch die Grundlage für die Ausweitung auf andere Bereiche wie Mentorenprogramme und feste Veranstaltungsorte«, fährt er fort. Fünf Jahre später ist daraus ein wichtiges Netzwerk der Londoner Clubszene geworden, dessen Anhängerschaft international stark gewachsen ist. Unter dem Namen Rhythm Section International organisiert Bradley Zero seitdem ein Plattenlabel, Clubnächte, Konzertreihen und Radiosendungen. Das »International« im Namen war von Anfang an bewusst gewählt und spiegelt den Austausch mit Szenen auf der ganzen Welt wider.
10 Years Of Rhythm Section International
Vitamin D
I Need Space To Dance
Tanzen
Nebenbei verwaltet Bradley Zero Studioräume und hat zusammen mit dem Gründer der Colour Factory, Nathanael Colours, einen Begegnungsraum ins Leben gerufen. Jumbi ist eine Hi-Fi-Musikbar mit Restaurant in Peckham. In der Bibliothek können Besucher:innen durch Bradley Zeros gesamte Plattensammlung stöbern.
Die Peckham-Renaissance
Die erste Veröffentlichung des Labels Rhythm Section International – »Rye Lane Vol.1« des britischen Beatmakers Al Dobson Jr. – enthält viele der Elemente, die später den Weg bestimmen sollten: Broken Beats, Hip-Hop- und Soul-Elemente, Dancefloor-Momente, introspektive Ambient-Abstecher und eine Mischung aus organischer und synthetischer Perkussion. Eine groovige Platte, die den Sound definiert, aber eben auch ein Künstler aus Peckham, der die Energie und den warmen Stil der Straße widerspiegeln kann. Hier wird alles selbst gemacht – vom Artwork der Platten über das Pressing bis hin zum Versand.
»Ich glaube, dass das Label für verschiedene Leute verschiedene Dinge bedeutet, rein klanglich gesehen. Aber ich bin stolz darauf, dass es schwer ist, uns in eine Schublade zu stecken. Und ich finde es immer wieder inspirierend, dass wir relativ ungestraft von Rap über Jazz zu Techno und Rock wechseln können.«
Bradley Zero
Mehr als 100 Veröffentlichungen umfasst das Portfolio von Rhythm Section International, darunter Künstler:innen wie Chaos in the CBD, Cousin Kula, Nicola Cruz oder Prequel. Ein klares Ziel war dabei immer die Verbindung zu anderen kleineren Szenen auf der ganzen Welt. »So arbeiten wir mit aufstrebenden Talenten in Melbourne, Berlin, Amsterdam und NYC zusammen – und umgekehrt finden sie Fans in London. Radio [NTS] bietet uns eine Plattform, um diese neuen Entdeckungen zu teilen und zu fördern. Es ermöglicht den Hörer:innen, Kontakte zu knüpfen.«
Die Corona-Pandemie, der Brexit und schwankende Vinylverkäufe stellten das Team vor finanzielle Herausforderungen und erforderten eine kreative Neuausrichtung. Neue Einnahmequellen wie ein bezahltes Mentorenprogramm und ein verstärkter Fokus auf digitalen Musikvertrieb und Merch sichern nun das Überleben des Labels.
Rhythm Section International stellt die Community in den Mittelpunkt, die das Label trägt und unterstützt. Trotz seiner globalen Reichweite bleibt es seinen Ursprüngen treu. Diese Mischung aus Authentizität, Offenheit und musikalischer Qualität hat Rhythm Section in den letzten zehn Jahren zu einer wichtigen Institution gemacht.