Records Revisited: Air – Moon Safari (1998)

12.04.2024
Auf »Moon Safari« im Space Shuttle verweilen und dabei zurück auf den Erdball blicken. 25 Jahre ist diese Platte nun schon auf Höhenflug. Immer wieder aufsteigen. Das beste Mittel für heute.

»Air« taufen Nicolas Godin und Jean-Benoît ihre kleine Zwei-Mann-Band, nichts ahnend, dass ihr erstes Werk direkt ziemlich groß wird. Sehr groß. Vielleicht ist es gerade der Tollkühn eines Debüts, die Lust darauf einfach drauf loszulegen und dabei keiner Erwartungshaltung zu verfallen, was »Moon Safari« zu dem macht, was es heute ist. 

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AIR
Moon Safari
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Während sich Nicolas Godin und Jean-Benoît 1997 unversehrt an ihren musikalischen Schreibtisch setzen und auf Recordern, Samplern, Keyboards und Synthesizern Melodien bauen, zieht um sie herum ein tobender Wind an französischen Produktionen, der bald darauf die Welt im Sturm erobern würde. Daft Punk veröffentlichen ihr Meisterwerk »Homework«, Bob Sinclar oder Cassius erobern die Charts. Als dann später noch Stardust ihren Track »Music Sounds Better With You« veröffentlichen, ist klar: Es muss eine Bezeichnung her, für das, was dort geschieht. Sie nennen es »French-Touch« – ein Titel, von dem auch Air später geziert wird. 

Sieg der Sterne

»Moon Safari« drängt sich nicht auf. Seine Schönheit erwartet nichts von einem, sie fliegt einfach so durch den Raum. Die Synthesizer sind mit Perwoll gewaschen, ihr Gewand fluffig. Während der Titel »Remember« von metallisch verzehrten Lyrics umwoben wird, die in ihrem Roboter ähnlichen Sound kühl und kosmisch wirken, kontrastieren Stücke wie »Ce Matin Là« oder »Kelly Watch the Stars« das Liebliche dieser Platte. Das Zusammenspiel aus bittersüßer Romantik und kosmischer Science-Fiction verleihen »Moon Safari« seine besondere, märchenhafte Art. 

Die Tracks stimmen in ihrer Klangästhetik etwas Nostalgisches an, das Sehnsüchte weckt. Die schummrigen, etwas langsameren Stücke dieser Platte führen zur Realitätsflucht, immerhin der Geist verliert sich schnell in galaktischen Sphären. Einmal dort angekommen, verblasst alles reelle um einen herum.

Moon Safari« hat einen Rhythmus, der aus der Zeit gefallen wirkt und genau deshalb 2024 noch mal ganz anders abholt.

Was damals schon von Nostalgie geflutet war, wirkt heute in doppelter Dosis. Die Sehnsucht ist groß, die Realität auch nicht mehr das, was sie mal war. Ein Hier und Jetzt? Schwer zu finden. Auf der »Moon Safari« existiert es – ein Rhythmus, der aus der Zeit gefallen wirkt und genau deshalb 2024 noch mal ganz anders abholt.

Passend, dass »Air« mit ihrem Debüt-Album nun nochmal eine Runde durch Europa fliegen werden. Gerade kündigte das Duo eine Tournee an, auf der sie »Moon Safari« zum ersten Mal in diversen Städten live auf die Bühne bringen werden. Im Zuge dieses besonderen Geburtstages veröffentlichten die beiden Musiker ebenfalls eine Anniversary-Platte. Neben Demo-Tapes und Live-Aufnahmen kuratierten Nicolas Godin und Jean-Benoît eine Auswahl an unveröffentlichten Songs, die nun 25 Jahre später doch noch auf eine Audienz treffen. »Moon Safari Rarities« heißt die Reissue-Auflage eines Albums, das den French-Touch der späten Neunziger ehrt und sich selbst dabei am meisten feiert.