Review

Arcade Fire

We

Columbia • 2022

Arcade Fire findet man im Duden als Beispiel für Brimborium, Querverweis: Bombast, Kitsch, Üppigkeit. Die kanadische Irgendwas-zwischen-Liebe-und-Zweck-Ehe um Will Butler und Régine Chassagne lädt nicht umsonst seit 20 Jahren in konsequenter Manier zum Gottesdienst für Indie-Frieden. Mittlerweile ist mit »We« die siebte Messe gelesen. Natürlich erklärt man einmal mehr die Welt wie ein vernünftiger Selbsthilferatgeber, der die Gefahren von YouTube propagiert, gleichzeitig aus Dantes »Inferno« zitiert und ein M83-Riff zum Mitgurgeln anbietet. Das mündet in Songs, für die sogar die Geriatriestation in Oppenheim zur Nachmittagsekstase ansetzt. Dabei blähen sich die zehn Songs auf wie ein Bauch nach vier Jacky Cola. Die sind auch magenbitter-nötig, um die Quersumme aus dem Solomaterial von John Lennon, der Spätphase von Queen und einem Neil Young auf Working-Class-Drogen auszurechnen. Mag sein, dass Arcade Fire damit zu ihrem Ausgangs-»Funeral« zurückkehren – die Tendenz, den alten Shit als neue Scheiße zu verkaufen, pfeift ohnehin über alle Festivalgelände wie ein Hurricane –, allein für die Schlagerhook auf »The Lighning I, II« (durchnummerierte Songs, geil!) gehören die Maderln und Buberln aber in die Fernsehgartenhölle vom ZDF verbannt.