Review

Automat

Automat

Tempo Dischi • 2019

Eine weitere Behandlung für das Italien der 1980er Jahre: Reissues jener glorreichen Ära, in der Giorgio Moroder den Disco-Sound auf der ganzen Welt etablierte während Spaghetti-Prog zwischen Gardasee und Gallipoli wie sonst nirgends florierte, sind ja bei weitem keine Neuheit. Doch im Frühjahr dieses Jahres hob ein italienisches DJ-Kollektiv, u.a. mit Paula Tape, das Label Tempo Dischi aus der Taufe, dem besonders viel an »disco, Afro and cosmic dance music« dieser Zeit gelegen ist. Da gibt es also immer noch Material? Scheinbar. Rückendeckung bekommt das Vorhaben nicht nur von Fans und Vertrieben, sondern auch von einigen großen Namen dieser Zeit: Daniele Baldelli, Beppe Loda, Alexander Robotnick oder auch Claudio Gizzi von Automat. Deren erstes und einziges Album »Automat« von 1978 ist eines der weniger beachteten Kleinode zwischen ausgetüftelten Synth-Kompositionen und dezenten Disco-Beats, das nun als zweiter Release bei Tempo Dischi erscheint. Der Titeltrack fühlt sich bereits fast wie ein eigenes Album an, was nicht vorrangig an den 17 Minuten Länge liegt, sondern eher an den ideenreichen Arrangements, die sich währenddessen elegant entfalten. Sollte das Genre »Progressive Disco« jemals Legitimität besessen haben, dann um solche Tracks eines solchen Projekts zu umschreiben. Auf dem standhaften 4/4-Takt lässt das Trio Mario Maggi, Romano Musumarra und Claudio Gizzi funkelnde Keys gedeihen und vergehen. Etappenweise tun sich dabei immer neue Italo-Futurismen auf, etwas spacig, vor allem aber harmonisch verspielt und mit Liebe für Details geschmückt. Führt »Droid« das mit seiner Stakkatomelodie noch unbeirrt fort, entfaltet sich »Ultraviolet« langsam über kosmische Flächen zu einem durchaus beeindruckenden Ambientstück der allerersten Generation. Wie viel Einfluss Automat mit ihrem spärlichen Material auf die elektronische Musik Italiens hatten, zeigt das abschließende »Mecadence« zwar nicht so wirklich, doch immerhin demonstriert es trotz seiner Skizzenhaftigkeit noch mal die Klangfülle des leider nie in Serie produzierten Synthesizer MCS70, der von Maggi selbst entworfen wurde und den Sound dieses Albums von vorne bis hinten bestimmt.

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