»I no be gentleman at all/I be Africa man original«. In seiner Abrechnung mit dem britischen Kolonialismus auf »Gentleman« brachte Mr. Afrobeat Fela Kuti im Titelsong in wenigen Worten auf den Punkt, wie die britische Herrschaft in Nigeria auch nach der Befreiung 1960 in der Bevölkerung des Landes nachwirkt. Mit seiner im Geiste des Panafrikanismus benannten Band Afrika 70 schuf er auf »Gentleman« vor 50 Jahren einen frühen Höhepunkt seiner Karriere. Fela Kuti hatte erst kurz zuvor zum Saxofon gegriffen, auf dem er sich neben dem E-Piano, das er nach wie vor spielte, mühelos behauptete. Call-and-Response-Gesänge, die typisch scharfen Bläsersätze, darunter die Rhythmusgruppe, die wie ein mit ausgeklügelten Ornamenten gewebter Teppich ihre dezent verschachtelten Polyrhythmen ausbreitet und für ein flexibles, stabiles Fundament sorgt. Funk ohne breitbeinige Gesten, dafür voller Energie, erdig und in seinem unaufhaltsamen Vorwärtsdrängen zugleich fast die Schwerkraft überwindend: »Gentleman« gilt als Fela Kutis bestes Album. Bei seinen über 50 Platten, von denen man einige getrost als Meisterwerke bezeichnen kann, ist das ein etwas heikles Urteil. An »Gentleman« führt jedenfalls kein Weg vorbei. Warum auch? Ohne ist das Leben ärmer.
Gentleman 50th Anniversary Igbo Smoke Vinyl Edition