Review

KMRU

Dissolution Grip

Ofnot • 2023

Seit 2020 sein Album »Peel« auf Editions Mego erschien, hat Joseph Kamaru alias KMRU keine ruhige Minute mehr. Das zumindest implizieren seine Diskografie und künstlerische Vita: Diverse Alben, Live-Vertonungen von Filmen und weitere Projekte halten den Kenianer auf Trab, besonders in Berlin taucht sein in Versalien gehaltenes Künstleralias allenthalben auf. Dort hat er sich an der Universität der Künste (UdK) eingeschrieben und unter der Ägide von Jasmine Guffond mit »Dissolution Grip« ein Album produziert, das seine Kunst auf eine neue Stufe hebt. Traditionell neigt KMRU zu langen Tracks, die der klassischen Ambient-Schule verpflichtet sind. Nicht selten gesteht er seinen Stücken eine Verweildauer von über zehn Minuten zu, in denen nur graduelle Entwicklungen ablaufen. Während er über viele seiner letzten Veröffentlichungen hinweg aber Field Recordings als Stilmittel kultiviert hat, erschafft er aus ebendiesen auf »Dissolution Grip« mittels Klangsynthese Musik, in die seine wertvollen Aufnahmen diskret eingeschrieben sind. All das gipfelt im Titeltrack, der stärksten der drei Nummern, der mit ungeheurer Kraft anschwillt und so lange mehr und mehr Aufmerksamkeit beansprucht, bis er nicht mehr zu überhören ist. Gewaltiger Ambient, der aus einfachen Mitteln – bogenartigen Dynamikwechseln, langgezogenen Tönen, seriöse Dramaturgie – Großes schöpft. Quasi eine Antithese zum verhaltenen »Grapes From The Estate« von Oren Ambarchi, aber nicht minder gelungen.