Review

Lumisokea

Transmissions from Revarsavr

Opal Tapes • 2016

Je älter man wird, desto näher rücken vergangene Zeiten: Das Denken und die Gefühlswelt der Menschen, die in ihnen gelebt haben, wird greifbarer. Die sowjetische Avantgarde der 1920er und 1930er Jahre, deren Beschäftigung mit urbaner Moderne etwa, hält da manch erhellenden Schock bereit. Ähnlich der »Intonarumori« des italienischen Futuristen Luigi Russolo haben Vladimir Popov (Erfinder) und Arseny Avraamov (Komponist) damals an und mit einer Vielzahl neuartiger Geräusch-Erzeuger gearbeitet. Anlässlich derer Ausstellung 2014 in Berlin haben Andrea Taeggi und Koenraad Ecker (der Italiener und der Belgier sind in Berlin beheimatet) die Gelegenheit genutzt, Aufnahmen der Exponate zu machen. Diese bilden nun die Grundlage des vierten Albums ihres Elektroakustik-Projekts Lumisokea Seine Klangwelt ist uns heute wohl vertraut. Wie aber hätte Avraamov, dessen Künstlername der Albumtitel »Transmissions from Revarsavr« aufgreift, die Musik verstanden? Hätte sich die Zukunftswelt, in der sein Instrumentarium zuhause ankommt, so ausgemalt? Hätte er die Kühle ihrer postdigitalen Präsenz ahnen mögen? Oder das Pochen der Sub-Bässe? Stellte er sie sich vor wie im bollernden Fabrikationsprozess von »Hyman Otor« oder als düsteres Ritual wie in »Buk«? Konnte er absehen, dass die Felder ihrer dunkleren Farben zwischen Russland und Belgien, Italien und Finnland und mittendrin Berlin schon seit Jahrzehnten regelmäßig abgeerntet werden? Und hätte er sich ihr rhythmisches Potential vorstellen können, das so lange brachlag? Denn so funky wie Lumisokea in »Generation Z«, »Whirling Dervishes« und »Uroboros« polyrhythmische Konstruktionen entwickeln, ist viel zu selten versucht worden und noch seltener gelungen. Von koreanischer und südindischer Rhythmik haben sie sich inspirieren lassen, das ist allemal frischer als der derzeitige Konsens, sich mit afrikanischer Percussion Roots-Bewusstsein anzulegen. Zumal man jene kaum heraushört, jenseits an koreanisches Schlagwerk erinnernder Sounds. Ihr Tribal-Industrial klingt eher nach Test Department im Raster-Noton-Gewand. Ohne Beispiel aber ist, wie sie da wohldosiert nachlegen, bis der ganze Laden brennt, ohne dabei je Verrat an ihren undurchsteigbaren Mustern zu begehen. Da geht’s mit großem Schritt in die Zukunft.

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