Review

Shame

Food For Worms

Dead Oceans • 2023

Wer das neue Album der Südlondoner Shame seiner Sammlung nicht nur wegen des Covers des renommierten kanadischen Künstlers Marcel Dzama hinzufügen möchte, der auch schon für das grandiose Artwork von Becks »Guero« verantwortlich zeichnete, dem sei gesagt: »Food for Worms« ist das bislang ambitionierteste Album der Post-Punker. Waren ihre Konzerte schon immer eine schweißtreibende Angelegenheit, so wurden die zehn Songs diesmal unter der Aufsicht von Produzenten-Ikone Flood (Nine Inch Nails, The Smashing Pumpkins, PJ Harvey) live eingespielt. Wer nun aber eine knappe Dreiviertelstunde wütender, verkopfter Tiraden erwartet, wird von der zweiten mutigen Entscheidung der Briten überrascht sein. Flirteten Shame bisher gerne mit Dissonanzen, findet Frontmann Charlie Steen auf »Food for Worms« immer wieder zu Harmonien und Gesang – und nahm dafür sogar Unterricht. Natürlich gibt es nach wie vor prügelnde Drums (»Fingers of Steel«) und nervös zuckende Gitarren (»Yankees«), aber das Quintett singt auch immer wieder vorsichtig gemeinsam, wie im schunkeligen Rausschmeißer »All The People«. Der große Höhepunkt des Albums aber steht mit der verzweifelten Drogenhymne »Adderall« in der Mitte der Platte. Und beantwortet die nie gestellte Frage, was passiert wäre, wenn Weezer ihren Überhit »Say It Ain’t So« als wütende Briten heute geschrieben hätten. Womit auch das geklärt wäre.