New Record Labels #35 – Death Is Not The End, Lullabies For Insomniacs, Mainrecords & Meakusma
Porträt
Lullabies For Insomniacs ist ein 2016 von Izabel Caligior gegründetes, niederländisches Plattenlabel aus Amsterdam.
Ein Blog, eine Radio-Sendung, DJing und schließlich ein Label: Was im Jahr 2017 wie eine völlig organische Entwicklung klingt, das gestaltete sich im Fall von Lullabies For Insomniacs noch weitschweifiger, als es auf den ersten Blick scheint. Die Australierin Caligiore begann 2012 auf ihrer eigenen Online-Plattform mit produktiver Musikforschung, derweil sie beim Lokalsender 106.7 PBS FM im australischen Melbourne auf freiwilliger Basis aushalf. Nebenbei arbeitete sie zugleich noch im Plattenladen, widmete sich ihrem Sound- und Musikstudium und legte in der Freizeit auf. Als sie 2015 jedoch nach Amsterdam umsiedelte, schien all das vorerst vorbei zu sein. Stattdessen hob sie ihr Lullabies For Insomniacs-Projekt, auf deren Homepage sie Mixe von unter anderem Sugai Ken, Donato Dozy, Zoviet France oder Georgia hostete, auf ein neues Level. Die erste Platte erschien 2016, »鯰上 – On The Quakefish« von Sugai Ken. Das Album markierte mit seinen hochauflösenden Ambient-Sounds den Beginn einer produktiven Anfangsphase für Caligiores Label, das mit jedem Release eine neue Überraschung bereit hält.
Auffällig ist mit Blick über den Backkatalog von Lullabies For Insomniacs zuerst das Miteinander von Archivmaterial und neuer Musik. Neben formalen Reissues von den Alben »Transreplica Meccano« des Ungarn László Hortobágyi sowie Yasuo Sugibayashis »The Mask Of The Imperial Family« und zwei Compilations alter Stücke des Gitarristen Graham Peter Halls und des Projekts Life Garden finden sich dort mit Unearth Noise und Tarotplane bisher fast gänzlich unbekannte Namen wieder. Vor allem aber besticht Lullabies For Insomniacs mit einer stilistischen Breite, die von sanften Ambient-Klängen über Proto-Industrial bis hin zu halluzinogener Psychedelik reicht. Was der gemeinsame Nenner dieser Platten ist? _»Ich würde nicht sagen, dass es einen gibt«_, antwortet Caligiore kurz und bündig. Das muss es sicherlich auch nicht und wenn überhaupt ist es gerade die Heterogenität, die ihr Label auszeichnet.
Caligiore gibt zu, von Südostasien fasziniert zu sein, sie hat Japanisch gelernt und ist in ihrer Jugend viel im pazifischen Raum herum gekommen. _»Das mag vielleicht erklären, warum das Label ausgesprochen nicht-eurozentrisch ist«_, heißt es dazu. Denn so viel ist ebenso klar: Die zumeist wortlosen Schlaflieder für Schlaflose werden nicht in den gängigen Mundarten gesungen, sie arbeiten sich selten an standardisierten Formeln ab. Caligiore möchte sich aber in keiner Hinsicht festlegen. _»Ich bin auf der Hut davor, mich in eine Schublade stecken zu lassen.«_ Tatsächlich ist es vor allem eine schier unbändige Entdeckungslust, welche die DJ anzutreiben scheint. Das in Berlin ansässige Duo Air Cushion Finish etwa schrieb sie persönlich wegen ihrer freiförmigen, auf Vokalexperimenten und subtiler Elektronik basierenden Musik an und konnte 2016 deren »Flink«-LP veröffentlichen. Andere Platten kamen über die Gastmixe auf der Online-Plattform und den daraus entstehenden Austausch mit verschiedenen Produzenten zustande. Vielleicht ist zumindest das so eine Art gemeinsamer Nenner: Dass beim Label wie auf der darauf erscheinenden Musik alles beständig im Fluss bleibt.
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