So schnell kann das gehen: Eben noch hatte Florian Fricke auf dem Popol Vuh-Album In den Gärten Pharaos mit Synthesizer und Fender Rhodes eine ganz eigene Stimmung im Krautrock geschaffen, da wird gleich wieder alles umgeworfen. Auf Hosianna Mantra von 1972 versammelt er neue Musiker:innen um sich und setzt andere Instrumente ein. Fricke sitzt fortan an Klavier und Cembalo, hinzu kommen E-Gitarre, Oboe, die indische Laute Tambura und vor allem der Sopran von Djon Yun.
Hatte die Stimmung auf dem Vorgängeralbum noch etwas von gelassener Spiritualität, geht Fricke sein Anliegen diesmal weit deutlicher an und lässt Yun Wörter wie »Kyrie« und »Hosianna« singen. Die Musik bricht dazu fast vollständig mit Rockkonventionen – bis auf eine kleine perkussive Ausnahme gibt es nicht einmal mehr einen Beat. Damit erfüllt Fricke einen Anspruch, den viele Musiker:innen in Deutschland damals hegten: sich so weit wie möglich von angelsächsischen Vorbildern im Rock zu emanzipieren.
Dass seine so entstandene, innige Kammermusik mitunter als New Age einsortiert wird, ist kaum mehr als eine gutgemeinte Orientierungshilfe. Fricke schuf auf diesem Album vielmehr etwas, das zwischen traditioneller Sakralmusik und Pop liegt – und ihm in dieser Form ziemlich einzigartig gelang. Ob man in diesem ironiefreien Ernst einen Freiraum der Schönheit erkennt oder ihn bloß kitschig findet, mag Geschmackssache sein. Doch wer Angst hat, etwas zu verpassen: Hier ist sie berechtigt.

Hosianna Mantra