Review

Elsa Hewitt

Citrus Paradisi

Lobster Theremin • 2020

Grapefruit ist ein unterschätztes Obst. Die Frucht mit der botanischen Bezeichnung »Citrus Paradisi« hat nicht nur bittersüßsauren Geschmack zu bieten, sondern ruft anscheinend auch kräftige Nebenwirkungen bei bestimmten Medikamenten hervor. Was das mit der Musik von Elsa Hewitt zu tun hat? Vielleicht gefiel der britischen Produzentin der Name einfach gut, oder sie isst so gern Grapefruit, dass ihr Debütalbum als eine Art Würdigung gedacht ist. Irgendwie passt der Titel jedenfalls, einfach weil Hewitts Musik ein ähnlich heterogenes Hybrid ist wie die gustatorische Mischung dieser Zitruspflanze. Die Elemente sind dabei alle nicht gänzlich unbekannt, an Folk gemahnende Gitarrenklänge kommen darin ebenso vor wie zart an Bassmusik geschulte Holperrhythmen. Auch der mehr gehauchte denn inbrünstig vorgetragene Gesang kommt andernorts durchaus vor, bei Elsa Hewitt wirkt er manchmal sacht verzerrt. Man kann an einigen Stellen ihre Inspirationen heraushören, Four Tet etwa oder Laurel Halo, doch das sind lediglich einzelne Fäden im Hewitt’schen Gesamtgewebe. Etwas Verträumtes weht durch das Ganze, ein Schleier weniger der Maya als der – womöglich bewusstseinserweiterten – dezenten Psychedelik. Für das House-Label Lobster Theremin allemal etwas Neues, selbst wenn Hewitt, statt Songs im engeren Sinn zu schreiben, ihre Einfälle vielmehr zu unaufdringlich verdichteten Stimmungsbildern loopt. Alles beiläufig wie am Rande fallen gelassene Bemerkungen, die einen dann nicht mehr loslassen.