Review

Lakmann

Aus Dem Schoß Der Psychose

Eartouch • 2016

Seit »2 Gramm gegen den Stress« hat Lakmann eine ideologische Metamorphose vom vielbeachteten Battle-MC und Verlierer der 2000er Deutschrap-Spekulationsblase zum geläuterten Rapstar a.D. vollzogen. Witten Untouchable hin, Bunkerwelt her, sein zweites Album »Aus Dem Schoß Der Psychose« basiert größtenteils auf der Erkenntnis, dass Ruhm vergänglich, Nostalgie zwar süß, aber nicht sättigend und Sehnsucht ein Fluch ist. Allein die rudimentäre Promophase deutete schon auf eine endgültige Abkehr von Trends und Industriemechanismen hin. »Das Leben ist ein Game, ich hab’ die Levels durch«, sagt die Ruhrpottlegende auf »X-Box«. Gras, Rap und Zärtlichkeit wichen Vatersorgen, Existenzängsten und einer unverrückbaren Underground-Integrität. Doch »Aus dem Schoß der Psychose« ist keine Deuschrap-Variante von Sean Prices »Brokest Rapper«-Catchphrase, sondern vor allem der Soundtrack der Verbitterten. Lakmann suhlt sich allerdings nicht in Vergangenheitslorbeeren, sondern rollt einfach ein paar Doobies aus den Überresten. Mal als Smoke Out über Eingeständnis (»Gegen die Zeit«, »DDM«), mal als Auswurf der Aversion (»Ich fühl euch nicht«, »Runter von meinem Thron«). Die 20 Joints kreisen meist um schlechtgelaunten Neo-Boom Bap von Ghanaian Stallion, Cap Kendricks oder Rooq und referieren auch mit Beiträgen von Kareem, Aphroe oder Flipstar (!) eher familäre Gelassenheitsgebete. »Wenn es um nichts mehr geht/ außer Klicks & Fame/ dann bin ich draußen« – das Game kann nicht übernommen werden, also wird man Spielverderber. Die unterkühlte Delivery, das kompromisslose Soundbild und der Balanceakt zwischen Unvermögen und Überzeugung macht Lakis Malocher-Rap in all seiner 88-minütigen Überlänge zum kohärentesten Werk seiner späten Schaffensphase und ganz vielleicht zu seinem finalen Opus magnum. Ah.