Review

Torch

Blauer Samt: Eine Monografie von Frederik Hahn

Verlagshaus Klotz • 2023

»Blauer Samt, Baby, Theorie in Praxis« rappte Torch anno 1997 in »Exodus (Kapitel 8)«. Drei Jahre später erschien dann sein Soloalbum »Blauer Samt« – soviel zur Praxis. Die zugrundeliegende Theorie gibt es nun, 23 Jahre später, in Buchform, herausgebracht vom J.S. Klotz Verlagshaus: »Blauer Samt. Eine Monografie von Frederik Hahn«. Dieses über 230 Seiten starke »Buch zur Platte« inszeniert sich wie ein umfangreiches Paket nachgereichter Liner Notes und Anekdoten. Seinen Löwenanteil machen die erläuterten Songtexte aus. Die Lyrics sind zwar auf den Innenhüllen des Doppelalbums abgedruckt, aber hier gibt es sie nochmal schwarz auf weiß, nebst Fotos der originalen Textblätter und ausführlicher Kommentare. Da geht es um zugrundeliegende Überlegungen, um Inspirationsquellen und um Produktionsweisen – wobei Torch, wenn es um die jeweils verwendeten Samples geht, bis auf wenige Ausnahmen auf das Mixtape »Torch with the blue Flame« seines DJ-Alter-Ego Haitian Star verweist.

Daneben bietet das Buch Blicke in den Rückspiegel eines altgedienten Hip-Hop-Handlungsreisenden. Außerdem präsentiert es Gedanken zum inhaltlichen Aufbau, zur Songstruktur und zum Artwork des Albums. Auf gewisse Formeln und Kategorien, die Torch als dessen theoretischen Unterbau festlegte, geht es ebenfalls ein – beispielsweise auf die »Hahnschen Reimkategorien«. Angesichts der über zwei Jahrzehnte, die zwischen der LP und der Monografie liegen, verwundert es nicht, dass die etwas auf der Zeit gefallen scheinen. Dennoch geben sie einiges über die Person Frederik Hahn preis. Überhaupt ist dies der Gewinn des Buchs: Es bringt einem den Künstler Torch, vor allem aber den Menschen dahinter näher. Und lässt dabei ein kleines Stück weit erahnen, wie es wohl war, damals, in den Achtzigern und frühen Neunzigern, als sich Deutschraps Old School etablierte und Torch zum Aushängeschild einer jungen Szene wurde, die noch am Entstehen und Ausprobieren war.

Für Fans ist »Blauer Samt. Eine Monografie von Frederik Hahn« eine unerwartete Fundgrube. Ihr Urheber hat zwar nicht allzu tief gebuddelt hat, um sie auszuheben, aber das ist okay. Schließlich ist Torch als Hip-Hopper der ersten Stunde zwangsläufig ein Digger. Und als solcher empfiehlt er entsprechend auch den Lesern seiner Monografie den Griff zum Spaten. Ganz im Sinne der Losung »Each one, teach one«. Klar.