Review

Zugezogen Maskulin

Alle Gegen Alle

Four Music • 2017

»Ende der Gemütlichkeit / Hallo Gift & Galle / Ab jetzt heißt die Parole wieder: Alle gegen Alle.« Was sich im Intro nach Ankündigung eines brachialen Rundumschlages ohne Rücksicht auf Verluste anhört, entpuppt sich in der Folge als vielschichtige Bestandsaufnahme der westlichen Leistungsgesellschaft dieser Tage – staunend, selbstironisch, wehmütig, kritisch.
Auf 11 Tracks beleuchten Zugezogen Maskulin das Hier und Jetzt in all seinen Facetten – das irre Tempo unserer Zeit, die furchterregenden, schrillen, verwirrenden oder auch hilfesuchenden Zwischentöne. Grim104 und Testo bleiben dabei immer nicht nur Beobachter, sondern auch selbst Suchende und sich Sehnende gleichermaßen. Vieles ist anders geworden, nicht alles schlecht. Wie schwer es ist, seinen Platz zu finden und dann zu halten – davon wissen auch die beiden Zugezogen Maskulin-Rapper zu erzählen. Geschichten gekleidet in die gewohnt poetischen, mit Referenzen gespickten Versen deren linkspolitische Einfärbung zwischen den Zeilen hervor schimmert, anstatt mit der Faust in die Fresse zu kommen. Den mit Belehrungen verbundenen erhobenen Zeigefinger sucht man auf »Alle gegen Alle« demzufolge auch vergeblich. In ein jederzeit stimmiges Beatgerüst gebettet, das größtenteils von Silkersoft stammt. Mal düster-sphärisch, mal basslastig, mal dezent zurückhaltend, mal mit psychedelischen Synthie-Flächen (» Steine & Draht«) von Ex-Tomte Bassist Nikolai Potthoff versehen. Markus Ganter als ausführender Produzent nimmt der Bestandsaufnahme unserer Zeit die letzte Ecke – ohne ihr die Zähne zu ziehen.