Vorbilder sind in der Regel dazu da, um ihnen nachzueifern. Manchmal aber auch nicht. So wie im Fall der Produzentin und DJ Soela. Ihre Mutter hat Rock’n’Roll gehört, ihr Vater russisches Liedgut, das sich pathetisch mit Alltagsproblemen beschäftigt. Sie selbst wollte davon überhaupt nichts wissen. Soela, die in Russland nahe der ukrainischen Grenze als Elina Shorokhova geboren wurde, hat Klavierspielen mit dem Ziel gelernt, eine professionelle klassische Pianistin zu werden.
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Aber auch das war nichts für sie. Erst durch den Einfluss ihrer älteren Schwester ist sie schließlich da angekommen, wo sie seitdem zuhause ist: bei der elektronischen Musik. Seit 2016 veröffentlicht Soela eigene Tracks auf Labels wie Kompakt, Detroit Underground oder Lost Palms, 2018 ist sie nach Berlin umgezogen. Ihr erstaunliches erstes Album »Genuine Silk« erschien 2020 auf Dial, der eigenwillige Micro House hat perfekt zum Label aus Hamburg gepasst.
Dear Trip-Hop,…
Soelas zweites Album »Dark Portrait« ist vor Kurzem auf dem New Yorker Label Scissor And Thread veröffentlicht worden. Der Titel ist inhaltlich und musikalisch als programmatisch zu verstehen. Das Album handelt von den inneren und äußeren Konflikten der Künstlerin, etwa von der russischen Invasion der Ukraine, die sie als traumatisch erlebt hat. Auf »Dark Portrait« verbindet sie Ambient-Texturen, Minimal House, Trip-Hop, dubbige Vibes, gelegentliche Ausflüge auf den Dancefloor und spätromantisches Klavierspiel zu einer kitschbefreiten melancholischen Musik, bei der auch noch der kleinste Effekt im Hintergrund ein bewusst gesetztes soundästhetisches Statement ist.
Dark Portrait
Über ihren Guest Mix sagt Soela: »Ich höre in letzter Zeit viel Trip-Hop und möchte diesem Genre einen Mix widmen. Jedes Mal, wenn der Herbst kommt, wird meine Playlist mit etwas Langsamerem, Nachdenklicherem und etwas Melancholischerem gestreckt. Ich hatte mehrere Versionen dieses Mixes mit unterschiedlichen Stimmungen und Genrewechseln, und die Version, die jetzt online ist, ist meine liebste.«