Das hat seine negativen Seiten. Denn war die Idee nicht einst, das Neue mit offenen Armen zu empfangen, anstatt uns alte Lasten aufzuschultern? Positive Nebenwirkungen waren allerdings genauso zu vermerken: Midori Takada, Lena Platonos, Alanis Obomsawin, Beverly Glenn-Copeland und K. Leimer beispielsweise werden zwar viel zu spät, dafür jedoch ausgiebig gewürdigt. Nachträgliche Gerechtigkeit? Vielleicht, aber nicht allen wird diese zuteil – weil es nicht mehr möglich ist. Jóhann Jóhannsson verstarb Anfang des Jahres, Ursula LeGuin wenige Monate später. Alice und John Coltrane, die Elecktroids (alias James Stinson), Suba (Mitar Subotic) oder natürlich J Dilla werden nicht erleben, wie neue Generationen ihre alten Platten in Zukunft als Inspirationsquellen vor sich hertragen.
Vor allem können die Nerds von heute durch die Alben – die empfehlenswertesten Zusammenstellungen aus Archivbeständen findet ihr erneut bei den Compilations des Jahres – von gestern mehr lernen, als es einie handelsübliche humanistische Bildung vermittelt. Ob indigene Motive (Obomsawin, Luis Perez, Umeko Ando) oder wichtige missing links aus der Musikgeschichte (Giles, Giles & Fripp, Christoph de Babalon, Robert Görl) und vor allem kulturelle Eigenheiten aus anderen Ecken dieser Erde (nach zuletzt West- und Südafrika war das in diesem Jahr vor allem Südostasien, genauer Japan) lassen sich mitnehmen und, wer weiß, vielleicht sogar neue Schlüsse über eine globalisierte Welt zu. Bleibt nur wie jedes Jahr zu mahnen: Nehmt es bloß nicht für selbstverständlich hin.
Die Top 50 Reissues findest du auch [bei uns im Webshop](https://www.hhv.de/shop/de/jahresrueckblick-2018-top-50-reissues-editor-s-choice/i:D2S12SP11439.)
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