Jazz Against The Machine – Die Neunziger in Jazz übersetzen

27.05.2014
Kennengelernt haben sich Jazz Against The Machine auf einem Konzert der Smashing Pumpkins. Das behaupten sie zumindest. Denn so ein Gründungsmythos passt einfach zu gut. Crossover und Grunge übertragen die vier Herren in den Jazz.

Als Kind der frühen 1990er Jahre hatte man lange Haare und stand auf Nirvana. Alles andere war Mainstream. Unvereinbar mit der eigenen Perspektivlosigkeit. Und überhaupt: Was für ein Mensch muss man sein, um Eurodance zu hören? Also war die Gitarre so gut wie immer das Instrument der Wahl. Doch was tun, wenn man nun nicht gerade die sechs Saiten beherrschte? »Durch unglückliche Umstände – im Endeffekt weil ich nichts anderes konnte – bin ich Jazz-Trompeter geworden, hatte mit diesem Instrument aber nie die Gelegenheit, die Songs meiner Jugend zu spielen«, sagt Florian Wehse. Jazz Against The Machine gründeten sie dann vornehmlich und erst einmal für sich selbst. »Es konnte ja keiner ahnen, dass im Internet plötzlich alle auf unsere Version von ›Bombtrack‹ abfahren. Wir hatten das Stück sogar extra im komplizierten 7/8-Takt gespielt, damit keiner zuhört!«

Mit höchstem Respekt
Einen Sänger gibt es bei Jazz Against The Machine nicht – braucht es auch gar nicht, denn dem Quartett geht es nicht darum, einfach nur nachzuspielen. »Wir versuchen einfach das große Potential dieser Songs noch weiter auszuschöpfen. Da muss man nichts groß hinzufügen, sich nur bedienen. Und das tun wir mit höchstem Respekt«, erzählt Florian Wehse. Auf dem Album »Black Bossa« finden sich auf der B-Seite ausschließlich Eigenkompositionen, auf der A-Seite Cover von etwa Soundgarden, Radiohead und Sepultura. Der große Kniff an dieser Platte: Sie hört sich trotzdem wie aus einem Stück an und nicht wie ein Mixtape irgendwelcher elitären Hansel, die sich mal für einen Moment von der ernsthaften Musik verabschiedet haben. Neun Tracks, neunmal Herzblut.

»Es konnte ja keiner ahnen, dass im Internet plötzlich alle auf unsere Version von ›Bombtrack‹ abfahren. Wir hatten das Stück sogar extra im komplizierten 7/8-Takt gespielt, damit keiner zuhört!«

Einen Tag dauerten die Aufnahmen für das Album und diese 24 Stunden gab es sogar noch geschenkt von Musikproduzent Cem Buldak, der Jazz Against The Machine zuvor live sah. Mit ein paar Lieblingssongs aus den 1990er Jahren und ein paar Eigenkompositionen ging es daraufhin ins Studio. »Man würde gerne noch gewisse Stellen im Nachhinein verbessern, aber irgendwann muss man damit Frieden schließen«, so Philipp Rittmannsperger, der am Schlagzeug sitzt. »Die Platte ist ein ziemlich gelungenes Zeitdokument unserer Kreativität und Hingabe in diesem speziellen Moment.«

Reservoir an unentdeckten Perlen
»Im Grunge und Crossover gab es viele grandiose Kompositionen und ich finde diese Zeit wird in dieser Hinsicht immer noch unterschätzt und zu wenig gewürdigt«, so Wehse. »Da gibt es also ein riesiges Reservoir an unentdeckten Perlen für uns. Die ersten Alben der Stone Temple Pilots beispielsweise sind völlig zu Unrecht in der Versenkung verschwunden.« Die Auswahl der Stücke ist dabei auch immer ein Querschnitt des Geschmacks der Band. »Bis auf Claus (Vibraphon Anm.d.Red.), der ist ein absoluter Jazz-Nerd, hat sich nie für Grunge interessiert.«

Den Song nehmen sie durch Instrumentierung dann zwar den Gesang, übertragen sie aber perfekt in den Jazz, verbeulen und verbiegen Melodien, verschieben einzelne Elemente. Das kann nebenher durchlaufen, aber man kann sich auch bewusst mit Kopfhörer ihrem Album nähern. Die zweite Platte steht laut Band bereits in den Startlöchern. Und auf mehr Auftritte kann man sich ebenfalls freuen. Dort kommen dann zum Set noch weitere Stücke wie »On A Plain« von Nirvana oder »Walk« von Pantera dazu.

Hommage an die Neunziger
»Unsere Version des Jazz ist eine Hommage an die Grungemusik und Crossoverplatten der Neunziger. Wenn auf unseren Konzerten eingefleischte Jazzfans zum ersten Mal auf ›Spoonman‹, ›Bombtrack‹ oder ›Roots Bloody Roots‹ abgehen, dann freuen wir uns«, so Rittmannsperger. Und für die volle Wucht mancher Songs braucht es dann nicht mehr als Trompete, Vibraphon, Bass (den Philipp Rehm bedient) und Schlagzeug. »Burn, burn, yes, you‘re gonna burn.« Gilt eben heute wie damals.