Wir schreiben das Jahr 1992 im weit entfernten New York City: Q-Tip, Phife Dawg und Ali Muhammed übernehmen mit Jazz-Samples die Radio-Stationen, die Brand Nubians provozieren mit Pro-Black Aussagen und eine Anzahl bedeutender Hip Hop Klassiker wird veröffentlicht. Zur Zeit, die heute die Goldene Ära genant wird uns als die musikalisch beste Phase von Rap gilt, wachsen am östlichen Rande Paris, zwei Jungs auf und sammeln ihre ersten jungfräulichen Erfahrungen mit der Kultur. Noch etliche Jahre bevor sich DJ Suspect und Hugo auf der »Soulbrother’s Break Party« über den Weg laufen werden und sich zur Funk League formieren, erlernt Suspect, als Sohn eines Kontrabassisten das Geige spielen und die Eltern von Hugo »Jackson« Jazz bringen ihrem Sohn die heimische Plattensammlung, aus Prog-Rock, spätem 60er-Jazz und World Music näher. Kurze Zeit später lassen die 90er-Kids Game Boy und Actionfiguren in der Ecke liegen und sind nach dem ersten De La Soul-Video auf MTV unwiderruflich mit der neuen, aus den USA überschwappenden, Jugendkultur infiziert.
Ursprungsphase und NetzwerkaufbauSchon früh entwickeln beide ein ähnliches Interesse für den Ursprung und die Technik, die hinter den warmen und organischen Produktionen steckt und beschäftigen sich darauf hin mit den Original-Breaks, die von den Amis, aber mittlerweile auch den französischen Idolen durch den Sampler gejagt werden. Als man sich im Jahr 2008 kennenlernt, werden die musikalischen Parallelen schnell deutlich und das Produzenten-Duo The Funk League wird geboren. Die SP-1200, das nötige technische Know-how und eine riesige Sammlung rarer Vinyl-Schätze sind vorhanden. Auf der Ende 2008 erscheinenden Wizard Performances 2 EP, die von DJ Moar kompiliert wird, landet mit Ressurect The Funk ihr erster Beat,
der zugleich die stilistische Marschrichtung vorgibt. Denn obwohl knapp 15 Jahre nach dem Aufflammen der ersten Liebe zu Hip-Hop die gesamte Landschaft bereits mehrfach auf den Kopf gestellt wurde, blieben die Funk-Brüder ihren ersten erworbenen Platten stilistisch treu. »Für mich beinhaltet Funk eine raue, einzigartige Energie«, erzählt Hugo und ergänzt: »Ich sehe im Funk eher ein Stilmittel als einen Musikstil«. Das gerade erschienene Debüt der Franzosen, Funky As Usual, das mit Saddat X, Large Pro, A.G., Diamond D. und weiteren genau die New Yorker Rap-Größen vereint, die damals für Rap’s Goldene Ära verantwortlich waren, ist ebenso erstaunlich wie konsequent. Die hochkarätigen Gastbeiträge aus Übersee kamen über persönliche Kontakte zustande, wobei wenig Überzeugungsarbeit geleistet werden musste. Zu Diamond D entwickelte sich über die gemeinsame Leidenschaft, das Sammeln von 7inches, sogar ein freundschaftliches Verhältnis. Trotz der geografischen Nähe zu den Pariser Banlieues, findet sich mit Supafuh nur ein französischer MC auf dem Album. Dennoch sehen sich beide als Fans des einheimischen Rap-Geschehens und nennen MC Solar, aber v.a. die legendären Beatmaker Jimmy Jay und Stofkry, denen sie durch ihren Produktionsstil und den Vibe des Albums explizit ihren Respekt zollen, als ihre Vorbilder. Die Zeitlosigkeit des Funks»Ich liebe einfach den analogen Sound der Maschine, manche kriegen das vielleicht digital repliziert, aber ich denke, das wichtigste ist, dass jeder seine eigene Technik entwickelt, wie man einen Sound fett klingen lassen kann.«
DJ Suspect
Dass manch ein, dem Trend hinterherjagender Hipster, den Sound als »rückwärtsgewandt« einordnen könnte, stört die Vinyl-Connaisseure kaum: »So lange das, was aus den Kopfhörern kommt, tight klingt, sind mir Adjektive egal«, entgegnet Hugo. Als DJs sind die beiden natürlich auch an neuen Entwicklungen in der Szene interessiert und beobachten das Treiben mit imaginärer Altersweisheit. So wirklich angetan von den meist elektronischen Ausflügen der Konkurrenz sind sie nicht, zu kalt sei der zur Zeit angesagte Sound, auch wenn sie sich dann doch ein Lob für Flying Lotus nicht verkneifen können. Als »ewig-gestrig« verstehen sie ihr Musikverständnis ebensowenig wie ihre Produktionsweise, auch wenn die Beats für Funky As Usual fast ausschließlich an der E-mu SP-1200 entstanden. »Ich liebe einfach den analogen Sound der Maschine, manche kriegen das vielleicht digital repliziert, aber ich denke, das wichtigste ist, dass jeder seine eigene Technik entwickelt, wie man einen Sound fett klingen lassen kann«, gibt DJ Suspect als Begründung an. Und wieso sollten auch von ihrer Formel abweichen, wenn es Props von den musikalischen Idolen und der amerikanischen Fachpresse hagelt? Hat nicht der Erfolg von Amy Winehouse, Aloe Blacc und Konsorten gezeigt, dass sich selbst der Mainstream wieder auf analoge, organische Sounds beruft? Für den Nachfolger können die Fans sogar eine stilistische Weiterentwicklung erwarten: »Wenn Funky As Usual ein Tribut an den zeitlosen 90er-Sound ist, könnt ihr den Nachfolger als künstlerischen Ausdruck der Jetzt-Zeit erwarten«, stellt Hugo in Aussicht. Den Blick haben The Funk League also in die Zukunft gerichtet und wenn ihnen die ansprechenden Feature-Connections und das Gespür für Tradition nicht abhanden kommen, kann diese eigentlich nur golden aussehen.