Vertual Vertigo – Live am 13.6. im Cassiopeia in Berlin

14.06.2012
Foto:Tilman Junge Tilman Junge & Malte Seidel
Zeitgenössischer Boom Bap mit Raffinesse im Detail und dem Flair eines Golden-Era-Tracks – das sind Vertual Vertigo. Am Mittwoch haben die drei Musiker im Cassiopeia unter Beweis gestellt, dass sie lieben was sie tun.

Vertual Vertigo erzählt ja gerne von dem Gefühl, sich auf Mutter Erde nicht »geerdet« zu fühlen, »zurück« zu wollen auf einen Heimatplaneten. Aber vielleicht ist es auch nicht die falsche Galaxie, sondern schlicht die »falsche« Zeit, in die die Jungs von »the Vert« geboren wurden. Wie so viele, haben Ezekiel38, TX und Cerebral Vortex ihr Herz an die goldene Ära des Hip Hop verloren, jene Musik aus den 1990er Jahren, mit der sie großgeworden sind. Das ganze Native-Tounge-Movement, dieser geschmeidige Boom Bap mit Jazz- und Soulloops, Musik eben, die mit Liebe gemacht wurde, war ein großer Einfluss für die Crew aus Chicago. Knapp fünfzehn Jahre später ist genau das die Idee, die Vertual Vertigo vermitteln möchten: die »Realness« der Neunziger im Jahre 2012. Und diese Message rüberzubringen ist ihnen am Mittwochabend auch gelungen. Was Vertual Vertigo ausmacht, ist, mittels Raffinesse im Detail und hohen Qualitätsanspruch, ihrer Musik den Flair eines Golden-Era-Klassikers zu verleihen. Wie gut ihnen das live gelingt hat man bei der Performance ihrer bekannteren Tracks »Wowers« und »Breakdance Room« spüren können. Der von Suff Daddy produzierte Track »Twisted«, durfte natürlich gerade in der Hauptstadt auch nicht fehlen und fungierte direkt als Opener. Im Saal wurde vierzig Minuten lang eine Atmosphäre entfacht, die nicht zwanghaft versuchte vergangene Zeiten zum Leben zu erwecken, sondern es schaffte, sie einfach im 21. Jahrhundert weiterleben zu lassen. Mit einer unglaublich leidenschaftlich und energiegeladenen Ausstrahlung tanzte Cerebral Vortex zu den avancierten »Neo-Boom-Bap«-Beats von DJ Japandrew über die kleine Bühne und animierte damit das Publikum auf eine sagenhaft charmante Weise. Man sieht den Jungs in allen Punkten an, dass sie lieben was sie tun. Vertual Vertigo ist behutsam durchdacht, auch lyrisch. Es geht nicht nur darum die Menschen musikalisch, sondern auch intellektuell zu erreichen, und scheinbar gelingt ihnen das, denn bei der Hook des polit- sozialkritischen Songs »Why, Why, Why« verwandelte sich die Masse in einen Hip-Hop-Chor. Authentizität, Atmosphäre und die gemeinsame Liebe zu diesem »Hip-Hop-Ding«, waren die ausschlaggebenden Aspekte unter denen Vertual Vertigo es in dieser Nacht in Berlin vielleicht doch für ein paar Stunden geschafft haben das Publikum mit auf ihren Heimatplaneten zu entführen.