New Record Labels – Banoffee Pies, Mansions And Millions, Private, Opal Tapes

Jeden Monat stellen wir Euch Plattenlabels vor, die neu bei uns im hhv.de Shop vertreten sind und/oder deren Entdeckung sich unbedingt lohnt. Die Auserwählten in diesem Monat: Banoffee Pies, Mansions And Millions, Private, Opal Tapes
Banoffee Pies ist ein 2014 von Elliot Weston und Sandy Hagenbach gegründetes, britisches Plattenlabel aus Bristol. Weston und Hagenbach trafen sich 2012 über den gemeinsamen Freundeskreis und verstanden sich nicht nur auf persönlicher, sondern auch musikalischer Ebene sofort blendend. Ihr gemeinsames Projekt Banoffee Pies aber bezieht sich auch aus ihrer Umgebung. »Abgesehen von uns, die wir uns um das Label, Bookings und Partys kümmern, haben wir ein großartiges Netzwerk von Menschen aufgebaut, die seit Anfang hinter uns standen«, erzählt Weston. »Ich selbst hätte wohl kein Vertrauen in uns gehabt, aber da sind wir!« Ein Ziel verfolgen sie damit nicht, möchten aber ihren Teil zur Diversität der Clubkultur beitragen. »Wir hoffen darauf, ein gewisses Maß an organisiertem Chaos aufrechtzuerhalten und Offenheit auf dem Dancefloor zu stärken, indem wir selbst variieren.«_

Tatsächlich schreibt sich Banoffee Pies stolz auf die Flagge, keinen »signature sound« zu haben. Techno und House ja, Nischenexistenz nein. Kein Wunder also, dass auf Banoffee Pies vor allem Mini-Compilations erscheinen. Das erklärt sich einerseits damit, dass Weston und Hagenbach auf ihren Releases nur das Beste vom Besten veröffentlicht sehen wollen und andererseits, weil sie das Experiment suchen. »Wir wollen neue Dinge ausprobieren, mit Soundvariationen herumspielen, die wir mögen und Acts zusammenbringen, deren Musik sich gut ergänzt. Hoffentlich überraschen wir dabei ein paar Leute.«

Das führt dazu, dass die einzelnen Unterserien zum Teil sechs Tracks von sechs verschiedenen Artists aus sechs verschiedenen Ländern auf einer Platte zusammenbringen, die die beiden notorischen Online-Digger auf ihren Streifzügen durch Discogs oder Soundcloud auftreiben. Das ist nicht nur eine Frage der musikalischen Qualität, sondern zugleich eine Absage an Veröffentlichungskonventionen. »Heutzutage wird im Zuge der Vinyl-Renaissance viel zu häufig der Fokus auf einzelne Artists gelegt, um mit deren Namen Platten zu verkaufen. Ist das nicht merkwürdig?«, fragt Weston und natürlich ist die Frage rhetorisch gemeint. Denn Banoffee Pies geht es mit ihren insgesamt sieben Veröffentlichungsserien genau darum, sich diesen Marktzwängen zu entziehen und eine gleichermaßen stringente wie diverse musikalische Erfahrung mit persönlicher Note zu ermöglichen. KC

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Mansions And Millions ist ein 2014 von Anton Teichmann gegründetes, deutsches Plattenlabel aus Berlin. »Ich bin nach und nach in einen künstlerisch und musikalisch ziemlich fruchtbaren Freundeskreis in Neukölln reingerutscht«, erinnert sich Teichmann an die Initialzündung für das vor allem, nicht aber ausschließlich auf Tapes ausgerichtete Label. »Mir ist klar geworden, dass ich, mit der Erfahrung, die ich bereits gesammelt habe, gerne helfen will, die Musik und die KünstlerInnen mehr Leuten nahezubringen«_, sagt er des Weiteren und ergänzt auch, dass es ihn ebenso freuen würde, wenn Berlin als Musikstadt nicht ständig auf Techno allein reduziert würde.

So tummeln sich im Roster von Mansions And Millions auch Harsh Noise-Acts wie Tooth Decay friedlich neben dem experimentellen Pop von Pictorial Candi. Teichmann, der die Acts auf dem selbsterklärten DIY-Label in möglichst viele Entscheidungen mit einbindet, sieht allerdings einen gewissen roten Faden. »Alle KünstlerInnen, mit denen ich zusammenarbeite haben immer irgendwo eine spielerisch-experimentelle Herangehensweise an Musik.« Darüber hinaus bezieht sich der Kader natürlich auch aus persönlichen Connections. »Bataille Solaire und Touchy Mob kennen sich zum Beispiel aus Montreal und über gemeinsame Freunde, das ist bei allen Acts auf dem Label so.« Die Freundschaften, die sich um das Label spinnen, reichen viel weiter als nach Neukölln, wo Mansions And Millions seinen Anfang nahm.

Die Vernetzung geht so weit, dass Teichmann der Kassette als Medium als Mitorganisator des deutschen Cassette Store Days unter die Arme greift. »Auch wenn ich Vinyl weiterhin liebe, hat es der Boom kleineren Labels schwerer gemacht. Tapes bieten inzwischen einige Vorteile gegenüber Vinyl und es ist für mich kein Hipster-Gimmick, sondern ein ernstzunehmendes Format, das es kleineren KünstlerInnen ermöglicht, ihre Musik ansprechend zu veröffentlichen. Des Weiteren ist es für Fans eine viel günstigere Möglichkeit ihre Lieblingsacts zu unterstützen.« Das war ja auch die Initialzündung für Mansions And Millions: Kleine Acts über ihren eigenen Wirkungskreis hinaus bekannter zu machen, von Neukölln nach Montreal. KC

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Private Records ist ein 2010 von Janis Nowacki gegründetes Plattenlabel aus Berlin. Alles begann mit Christian Bruhns legendärem Soundtrack zur Zeichentrickserie »Captain Future«. »Das war eines der wenigen Releases, an die ich komplett egoistisch herangegangen bin. Ich wollte die Platte einfach unbedingt haben«_. Die erste offizielle Neuauflage des nachgefragten Sounndtracks konnte nur ein Hit werden und half Private Records sogleich sich als auf Vinyl spezialisiertes Reissue-Label zu etablieren. Klassische Nachpressungen sind jedoch nicht mehr das Hauptanliegen. Durch den Kontakt mit Musikern begann Private Records verloren geglaubte Masterbänder aufzuspüren, aufzupolieren und zu veröffentlichen.

Besonders bei Soundtracks zu obskuren Pornos und Horrorfilmen funktioniert dieser archäologische Ansatz. Mittlerweile hat Private unveröffentlichte Werke von Koriphäen wie Stelvio Cipriani, Detto Mariano, Gerhard Heinz oder Michael Bundt im Katalog. Hinzu kommen Sublabels für unfindbare Releases aus Zeiten der Neuen Deutschen Welle (NDW) und privat gepressten Krautrock, auch Disco-Raritäten und Compilations. Wer in diesem musikalischen Mikrokosmos zwischen 70er Psych-Rock und 80er Minimal-Synth einen klare Linie sucht, wird jedoch schneller fündig als die Bandbreite des Materials vermuten lässt. Gründer Janis Nowacki will dem kosmischen Synthesizer-Sound treu bleiben, den Spagat zwischen DJ-Kompatibilität und Avantgarde meistern. Das gilt auch für ein Sublabel für Neue Musik, auf dem zum Beispiel ein Solowerk von Soft-Cell-Sänger Marc Almond erscheinen soll.

Voraussetzung für die Arbeitsweise des Labels, das auch regelmäßig Konzerte organisiert, ist natürlich eine faire Beziehung zwischen Label und Künstler: »Die Musiker freuen sich über die Zusammenarbeit und ich freue mich ihnen eine Plattform geben zu können. Es gibt zu viele Reissue-Labels, bei denen die Künstler abgezogen werden«. NF

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Opal Tapes ist ein 2012 von Stephen Bishop gegründetes, britisches Label aus Newcastle Upon Tyne. »Seitdem ich 16 bin, habe ich schon immer Tapes oder CDRs mit Musik von mir und anderen veröffentlicht. Nicht, um Kohle zu verdienen. Sondern um den Leuten zu zeigen, was wir so machen.« Die Gründung von Opal Tapes fand aus demselben Gedanken heraus statt, Bishop spricht von seinem »kreativen Hobby«. Beeinflusst vom DIY-Gedanken der Hardcore- und Industrial-Szenen, in welchen er sich als Teenagers bewegte, organisiert er weiterhin alles selbst mit der Unterstützung seiner Freundin. Das geht nicht ohne Abstriche einher. »Den Großteil meines Lebens verbringe ich mit so einer Art Datenbinging, verzweifelt auf der Suche danach, Neues zu hören und zu lernen. In letzter Zeit habe ich mich darüber etwas isoliert und verbringe viel Zeit mit Arbeit am Label und damit, kritisch zu hören. Ich würde gerne den Hunger wieder haben, den ich mit 20 noch hatte. Aber das passiert schon noch.«_

Zuerst interessierte sich Bishop, der selbst unter dem Namen Basic House veröffentlicht, für die Schnittstelle von Noise und Clubmusik. Der Nostalgie-Raver IVVVO beispielsweise begann hier seine Karriere, aber auch abstrakter ausgelegte Projekte wie Wanda Group oder Lumigraph sind hier vertreten. Was also ist die musikalische Richtschnur von Opal Tapes? »Ich will von Sound begeistert sein«, erklärt Bishop. »Klang ist eine wahnsinnig interessante Energie, finde ich. Er trägt so viele Informationen und was mich daran fasziniert ist, wie ich diese Informationen verstehe und dem nachjagen kann, was ich nicht kapiere.« Das erklärt auch die stilistische Öffnung, die sich in nur wenigen Jahren vollzogen hat.

Mittlerweile mischt sich dank Xosar und Sciahri auch patente Entwürfe von Clubmusik in den Backkatalog, der sich um das Sublabel Black Opal erweitert hat. Der Unterschied zwischen Opal Tapes, vom Format – auf Black Opal erscheint vor allem Vinyl – abgesehen? »Der wird zunehmend immer kleiner«, lautet die lapidare Antwort darauf. Hauptsache, es ist interessant. Zumal Bishop sich im abgelegenen Newcastle Upon Tyne, welches er mittlerweile gegen seine Heimat Teesside eingetauscht hat, weiterhin zwar am wohlsten fühlt. »Ich interessiere mich mehr für Bäume als für Clubs«, heißt es trocken dazu. Aber das heißt keineswegs, dass der Hunger nach neuen Sounds gestillt ist. Wohl eher im Gegenteil. KC

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