Review

A Lily

Saru L-Qamar

Phantom Limb • 2024

James Vella ist Malteser. Dieser Umstand ist wichtig, wenn man sein Album »Saru L-Qamar« auf seinem Label Phantom Limb verstehen will. Denn auf den acht Tracks lässt er unter dem Namen A Lily die Stimmen der maltesischen Diaspora zu Wort kommen. Laut Pressetext ist es seit den 1960er Jahren nicht unüblich, dass Auswanderer mit ihren in Malta verbliebenen Angehörigen über Tonbänder kommunizieren und auf diesem Weg Befindlichkeiten, Anekdoten und Erlebnisse aus der neuen Heimat mitteilen.

James Vella hat nun das Archiv der gemeinnützigen Organisation Magna Żmien, einer Stiftung zur Bewahrung der maltesischen Kultur, durchforstet und die Stimmen mit digitaler Sprachausgabe ergänzt. Und obwohl man kein Wort versteht, wenn man nicht Maltesisch spricht, ist das Ergebnis berührend. Im Opener entwickelt sich eine gespenstische Vertrautheit zwischen den mit Autotune bearbeiteten Stimmen und dem synthetischen Pulsieren einer Gitarre. Auch Nummer zwei setzt auf Dramatik, auf die Verfremdung der Stimmen in Klagen, kombiniert mit pompösen Synthie-Läufen und emotionalen Bässen, wie sie das Leipziger Innere Tueren 2019 kultiviert. Auf Track Nummer drei pitcht A Lily ihre Stimme in ungeahnte Höhen, was förmlich Beerdigungsassoziationen hervorrufen muss. Daneben klirren spitze Synthies, die etwa an die Sterilität von Aïsha Devi erinnern. Viele Referenzen und doch ein eigener Sound: »Saru L-Qamar« dröhnt eigentümlich aus der Vergangenheit.