Review

Amanda Whiting

The Liminality Of Her

First Word • 2024

Es gibt wohl keine Musikrichtung, in der die Harfe nicht als exotisches Instrument gilt. Auch wenn in den letzten Jahren Musikerinnen wie Joanna Newsom (Indie-Folk) und Brandee Younger (Jazz) dem Saiteninstrument unerwartete Aufmerksamkeit verschafft haben. Amanda Whiting aus Wales hat wie die beiden Vorgenannten eine klassische Ausbildung an der Harfe genossen, sich aber schon früh dem Jazz zugewandt. Wenn die Begriffe »Harfe« und »Jazz« aufeinandertreffen, setzt sich die Assoziationsmaschine automatisch in Gang: Dorothy Ashby und Alice Coltrane als Urmütter der Harfenistinnen im Jazz der Fünfziger- und Sechzigerjahre. Doch Amanda Whiting geht ihren eigenen Weg, auch auf ihrem vierten Album »The Liminality Of Her«.

Whitings melodiöses Spiel wird durch die farbigen Klänge von Bass, Schlagzeug, Flöte und Gesang unterstützt.Das nimmt der Harfe die vermeintlich exotische Wirkung eines impressionistischen Klanggimmicks. Amanda Whiting verarbeitet auf »The Liminality Of Her« verschiedenste Jazztraditionen zu einer luftigen Kammermusik: Da gibt es Bossa-Nova-Reminiszenzen, fusionartige Strukturen, Anklänge an Spiritual Jazz, Impressionistisches wie »Alchemy«, das sich jeder Kategorisierung verweigert, oder das lyrische »Waiting To Go«, in dem sich Harfe und Kontrabass freundschaftlich duellieren.