Review

Barbara Howard

On The Rise

Remined • 2019

Die Geschichte ist filmreif: Noch unter dem Eindruck der Cincinnati riots im Jahr 1968 rief Steve Reece in seiner Heimatstadt ein Programm namens »Operation Step-Up« ins Leben, mit dem Ziel, junge Musiktalente zu finden, zu fördern und einem größeren Publikum vorzustellen, aber auch um der Bürgerrechtsbewegung nach dem Mord an Martin Luther King Jr. wieder lautstarke charakteristische Stimmen zu geben. Bereits nach wenigen Tagen stieß er im Rahmen dieser Castings auf [Barbara Howard](https://www.hhv-mag.com/de/glossareintrag/5888/barbara-howard,) deren samtweiches Sopran ihn unvermittelt in den Bann zog. Ein paar Monate später hatte der ambitionierte Promoter schon das Label S. Reece gegründet, um seine Neuentdeckung ganz groß rauszubringen. Das Ticket zum Majorvertrag, die Erfolgsstory aus der Vorstadt und damit auch ein kultureller Aufschwung für seine Community sollte es werden. Zwar erschien letztlich nur das von Reece geschriebene und produzierte »Barbara Howard On The Rise« auf diesem Label, das kurz danach in der Versenkung verschwand. Doch verliebten sich der Produzent und die Sängerin ineinander, gründeten eine Familie und machten damit die kommerzielle Niederlage zur unaufgeregten und denkbar schönsten Liebesstory hinter einem einsamen Soul-Kleinod. 2016 landete dann über unbekannte Kanäle eine verschweißte, quasi makellose Version von »On The Rise« auf dem Tisch des Besitzers vom Plaid Room Records Plattenladen im verschlafenen Loveland, Ohio, der daraufhin das Revival von Howards Musik und Story anfachte – zur Entzückung vieler Soul-Connaisseure. Denn Howards Stimme ist ein auch in diesem Genre seltener Genuss, der das Album mühelos trägt und in der schwärmerischen Reue-Ballade „I Need You“ ebenso kraftvoll wie klar klingt. Allerdings muss auch den pfiffigen Arrangements von Reece ein erheblicher Anteil am Genussfaktor der Platte zugestanden werden, besonders deutlich im The Doors-Cover »Light My Fire«, dem Big-Band-Stampfer »You’ve Made Me So Very Happy« oder »The Man Above«, das durch Orgelbegleitung und elegische Melodien lange im Ohr hängenbleibt – ganz so wie dieses Album insgesamt.