Elektronische Musik wirkt oft »abstrakter« als akustische Musik. Was ein Vorurteil ist. Töne sind als solche, unabhängig von ihrer Herkunft, stets zu gleichen Teilen abstrakt und konkret. Trotzdem neigt elektronische Musik dazu, sich von der Natur oder gar von esoterischen Themen inspirieren zu lassen, so als müsse der rational-technischen Dimension der Klangerzeugung ein natürliches oder irrationales Element entgegengesetzt werden. Die argentinische Komponistin Beatriz Ferreyra, die von 1963 bis 1970 in der Pariser Groupe de Recherche Musicales (GRM) unter Pierre Schaeffer arbeitete, hat auf »GRM Works« zwei der Kompositionen aus dieser Zeit und zwei jüngere Werke versammelt. Auffällig ist die Wahl der Themen: „Demeures aquatiques“ beschäftigt sich mit der Kraft der Gezeiten, „Un fil invisible“ ist von mittelalterlicher Alchemie angeregt, und „Les Larmes de l’inconnu“ widmet sich verschiedenen Mystikern der Kabbala. Einzig „Médisances“ verzichtet auf eine Erzählung als Interpretationshilfe – es ist einfach aus manipulierten Orchesterklängen gebaut. Esoterik hin oder her, die Musik von Beatriz Ferreyra entwickelt ungeachtet ihrer Musique-concrète-Sprödigkeit stets einen stringenten Fluss, fasst die Klänge zu Bögen zusammen, die eine Dramaturgie erkennen lassen, die ihre eigene Logik entwickelt. Man mag dabei an Goldgewinnung oder Wellenschlag denken. Die Musik spricht aber auch aus sich selbst heraus.
GRM Works