Review

Chris Imler

Operation Schönheit

Fun In The Church • 2022

Nach Bela B. und Peter Behrens von Trio ist Chris Imler wohl der drittbekannteste Stehschlagzeuger der Nation. Abgesehen davon zog er als »Grandseigneur des Berliner Undergrounds«, wie ihn die taz bezeichnete, bei Bands und Musikern wie The Golden Showers oder Peaches, Jens Friebe, Oum Shatt oder Die Türen im Hintergrund schon so einige Strippen und ist seit einem Jahrzehnt auch als Solokünstler unterwegs. Mit »Operation Schönheit« erscheint nun sein drittes Soloalbum, das zwischen deutschen und englischen Texten, zwischen nervösem, elektronischem Post-Punk und zurückgelehntem, krautigem Dub pendelt. Dabei entwickelt sich in jedem der zehn Stücke ein einzigartiger Groove, der nicht nur den ewigen Dandy, der Chris Imler natürlich selbst ist, durch die wilden bis transzendentalen Nächte der Großstadt schweben lässt – hoffentlich bald wieder ohne Corona-Gedöns. Die ersten Sekunden des Titelstücks lassen kurz an M.I.A.s »Paper Planes« denken, bevor Imler nüchtern intoniert: »Du willst größeres sein / du brichst dir das Bein / Wenn es wieder heilt / brichst du es erneut.« Schönheits-OPs also als Symbol und Chiffre unserer Zeit, in der Selbstoptimierung zum schmerzhaften Zwang geworden ist. Aber auch Paranoia und Enttäuschungen, Verloren-sein im leeren Universum oder Scheitern als Lebensgefühl gehören zu Imlers Themen, die er entweder mit einem vor Ironie triefenden oder einem beinahe amüsierten Fatalismus vorträgt. So macht Chris Imler auf »Operation Schönheit« auch als Frontmann statt als Schlagzeuger eine durchaus gute Figur.