Die Vorliebe für analoge Wärme und die kompositorischen Möglichkeiten früher Synthesizer liegt bei Augustin und Zoé Sjollema in der Familie: Auf dem zweiten Album des Genfer Duos unter dem Namen Citron Citron ist ein alter EMS-Synthesizer zu hören, den die beiden von ihrem Großvater Rainer Boesch geerbt haben. Das bedeutet aber keineswegs, dass die Geschwister Sjollema in der Vergangenheit feststecken: Obwohl »Maréeternelle« wie eine kürzlich aus den Archiven geborgenen Mort-Garson-Aufnahme beginnt – sobald Zoés französischer Gesang den Mix betritt, wird es schnell fröhlich-poppig. Es gibt kurze Strecken, während derer die elf Stücke an die verspielteren Alben von Stereolab oder Broadcast in ihren fröhlichsten Momenten erinnern und doch ist ihr, nennen wir es einfach mal Art-Synth-Pop, ebenso quietschfidel wie einzigartig.
Indem sie ihren Sound durch die Zuarbeit von Sébastian Bui von L’éclair und der immer überzeugenden Fhunyue Gao am Theremin sowie durch Overdubs, die im Schweizer Museum für elektronische Musikinstrumente hinzugefügt wurden, bereichern, gelingt es den Sjollemas, die Zeit gänzlich aus den Fugen zu hebeln: Ja, die Luft liegt voller 70er-Jahre-Synthesizer, ja, die Rhythmusgruppe scheint komplett aus 80er-Jahre-Drum-Machine-Presets zu bestehen, ja, die beiden legen viel 90er-Jahre-Twee-Attitüde an den Tag – aber das alles fügt sich so natürlich und nahtlos zusammen, dass darüber kaum auffällt, dass diese süßen kleinen Liedchen von existenziellen bis komplett abgründigen Themen handeln. »Maréeternelle« ist ein seltenes, beinahe-kindliches Wunderwerk, eine ganz besondere Pop-Platte.
Maréeternelle