Ehrlich gesagt ist das nicht das Nachfolgealbum, das man erwartet hätte. Besser gesagt: Man hätte gar kein Nachfolgealbum erwartet. Voice Actor waren 2022 mit dem 110-Track-Album (ja, einhundertzehn Tracks) »Sent From My Telephone« aus dem Nebel aufgetaucht, ohne ihn wirklich zu lichten. Alles blieb in dieser Dean-Blunt’schen Aura des Enigmatischen gehüllt, und es hätte einfach gepasst, wäre es bei diesem ausufernden und zugleich fesselnden Digital-only-Release geblieben (abgesehen von der zusammengefassten LP-Version).
Mit dem vielversprechend betitelten »Lust« folgt nun doch ein Nachfolger. Diesmal haben Noa Kurzweil und Levi Lanser mit Squu Verstärkung bekommen – wobei unklar bleibt, in welcher Rolle genau er*sie zum Projekt beiträgt. Der Sound bleibt im Kern derselbe: purple soundcloud ambient type beat und eine Frau sagt relativ verschlafen etwas. Nur die gelegentlichen Gitarren fehlen – und sie fehlen schmerzlich. Auch sonst bleibt vieles im Dunkeln: Der Begleittext zum Album liefert keinerlei Aufschluss. »Lust« droht zu Beginn im Sphärischen zu versanden: Synth-Pads, angedeutetes Vogelzwitschern, verhuschte Stimmen und maximal Effekte – ein Sound, der nur jene fasziniert, deren musikalischer Horizont bislang nicht über das Radio hinausging.
Glücklicherweise kommt dann auf Track 4 der Kunstschule-Dropout, und plötzlich sind wir im Pirate-Radio-Post-Dubstep-Kontinuum, sind wir in England, und jemand hat seine Hand an ihrem Nacken. Aha, es geht doch. Für einen kurzen Moment klingt das nach einer Sternstunde à la Smerz – doch viel mehr kommt dann nicht. Vielleicht ist das nur das Problem eines Menschen, der sich die 110 Tracks von »Sent From My Telephone« gerne mehrfach angehört hat, aber: In seiner Gesamtheit erschließt sich nicht, warum es »Lust« nach diesem Album überhaupt braucht. Wer im Triplet aus »Badman«, »Battling Dust« und »Beautiful Burglar« eine Heimat gefunden hat, wird hier kaum einen Anreiz finden, auszuziehen.

Lust (1)