Köln ist nicht die Welt, Köln ist die flächendeckendste Ansammlung von verblichenem BRD-Charme. Doch in dieser alten BRD, da war Köln eine Zeit lang schon Welt, zumindest Musik-Welt: Die elektronischen Innovationen in der Neuen Musik, Krautrock, Techno und House machten die Stadt zu etwas besonderem. Spätestens seit den 2000ern war Welt meist wo anders, Berlin zum Beispiel. Die Protagonistinnen und Protagonisten des Kollektivs Cologne Tape bewahren noch etwas aus diesen vergangenen Zeiten auf. Jens-Uwe Beyer alias Popnoname, John Harten alias Crato und Daniel Ansorge alias Barnt, allesamt keine Unbekannten in der elektronischen Musikszene der Stadt, gründeten 2010 das Musiklabel Magazine. Gleich für die erste Veröffentlichung scharten sie eine illustre Runde von Musikerinnen und Musikern um sich: Ada, Axel Willner alias The Field, Jan Philipp Janzen von Von Spar, John Stanier von den Battles, Jörg Burger und weitere formten Cologne Tape, nahmen mit »Render« eine Ansammlung von Tracks zwischen freischwebender Electronica, Club-Beats und experimentellen Kraut-Anleihen auf und verschwanden wieder von der Bildfläche. Das Magazine-Label ist seither eine Institution für abseitige und dennoch extrem jetztzeitige Musik aus der alten Musik-Stadt geworden, ein Spielfeld für neue Konstellationen und Arrangements. Nach knapp sieben Jahren hat sich auch das Gründungskollektiv nochmals zusammengetan, um in sogenannten Happenings ihrer Spiellust freien Lauf zu lassen. Die Sessions wurden nur an einigen Stellen durch nachträglich eingespielte Synths und Drums von Axel Willner und John Stanier ergänzt, ansonsten sind es Momentaufnahmen einer feierlichen Zusammenkunft geblieben. Die Strukturen der Tracks sind meist ausgefranster als auf »Render«, und doch auch hier klar vorhanden. Eine eigentümliche Gleichzeitigkeit von Dringlichkeit und Ziellosigkeit trifft auf eine flatterig-gespenstische Atmosphäre, die durch abgehackte und verhallte Stimmen noch verstärkt wird. Einzig bei den beiden Stücken »Welt 3«, das mit dem straighten Beat und den Glocken fast wie ein Pantha-Du-Prince-Stück daherkommt, und »Welt 8«, das wie eine verlangsamte Version eines Von-Spar-Tracks wirkt, gibt es eine klare Richtung, fast schon ein Ziel. Doch die Ziellosigkeit der anderen Tracks bedeutet keineswegs weniger Spannung, stattdessen entfaltet hier alles eine angenehme Sogwirkung. Cologne Tape machen mit dieser Platte das Feld zwischen Ambient, Kraut und Techno noch einmal ganz weit auf. Und zeigen nebenbei, dass Köln doch noch Welt kann.
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