Review

Diamond District

March On Washington

Mello Music Group • 2014

Eine der größten Ungerechtigkeiten der Popkultur ist wohl das Phänomen des Frontmannes. Etwas prominenter und/oder beliebter als seine Bandkollegen yU und XO struggelt auch Hiphop’s verlässlichste Releasemaschine Oddisee mit den Wirrungen eines kreativen Kopfes beim Trio Diamond District durch die zweiten LP »March On Washington«. Als ihre gefeierter Erstling »In The Ruff« vor fünf Jahren mitten in die YMCMB-Blütezeit rutschte, waren knochiger Boombap und reflektiertes Lyricism gerade so gefragt wie eine Portion Pommes Frites im Fitnessstudio – und deswegen so bahnbrechend für die Szene wie für das damals noch in den Kinderschuhen schlendernde Mello Music-Label. Von dem Kurs einer strikten (No Bullshit-) Politik weicht auch der Nachfolger nicht ab. Dass sich »March On Washington« aber nicht in solch erwartbarer Konstellation auf vergangene Epochen in kaugummizäher Langeweile erstreckt, liegt mehr an Oddisees Händchen für den Beat, als an den Songkonzepten selbst. In der Tradition von ATCQ oder auch Slum Village demonstrieren die drei MCs musikalische Geschlossen- wie Geschmacksicherheit, die im Vergleich zum Debüt sogar ausgewogener erscheint. Das Problem besteht eher darin, dass sich zwischen allem Braggin’n’Boastin, Beziehungsproblemen und den großen politischen Themen des Albums nicht ausmachen lässt, wofür Diamond Disctrict eigentlich steht. Um ein »Movement« loszutreten, dominieren zu viele Gemeinplätze, zu wenig mystischer Spielraum. Wenn man Oddisees intergalaktische Instrumentals abzieht, stehen hier drei gute Rapper aus der us-amerikanischen Hauptstadt – nicht mehr und nicht weniger. Ob das ein Grund ist, gleich Washington zu besetzen, sollen bitte andere entscheiden.