Review

Frank & Tony

Dream Vibration

Scissor And Thread • 2022

Francis Harris und Anthony Collins sind die Bewahrer einer halb erinnerten Tradition. Ihr Schaffen dreht sich um den Deep-House-Sound von New York in den 1990er-Jahren. Butterweiche Grooves und dubbige Chords, Tracks ohne Peaks und Diven-Vocals, kurzum: Musik, wie sie selbst DJ Sprinkles nicht auf die Palme bringt, sondern ein anerkennendes Nicken abringt. Doch wurde das von dem Duo stets durch eine nostalgische Linse gefiltert, mit analoger Patina abgerundet. Ihr Sound passte deshalb zur Lo-Fi-House-Hochzeit der frühen Zehnerjahre, schien jedoch trotz gleichbleibender Qualität mit den Jahren parallel zu der an Tagesaktualität zu verlieren. In dem Sinne war es eine weise Entscheidung, nach gut einem Dutzend EPs und einem Album innerhalb von nur fünf Jahren eine genauso lange Zeit zu pausieren und etwas Gras über die Sachen wachsen zu lassen. Francis Harris legte zwei Solo-Ambient-Alben vor, Anthony Collins unter dem Pseudonym Grant jede Menge weitere verwirbelte Deep-House-Tunes nach, alle waren zufrieden. Und jetzt also »Dream Vibration«, unvermutet und unangestrengt – drei Tracks, von zwei Remixen durch die House-Legende Timmy Regisford flankiert. So nebensächlich das alles bekannt gegeben wurde, klingt dann auch die Musik: Nach Frank & Tony eben, nicht anders als je zuvor. Der Titeltrack arbeitet mit Breaks und Blechbläsern, auf »Stretch Out Like the World« singt Eliana Glass ein paar vereinzelte Töne und »Time Out of Mind« badet im Dub. Dazu: Regisfords perkussives Rework des Glass-Tracks, in welchem sie nachträglich ins Spotlight treten darf plus Instrumental-Version, das beweist, dass selbst unter dem hölzernen Geklacker viel Deepness versteckt ist, auch wenn die Stimme dazu fehlt. Das klingt und macht nostalgisch, nach halb erinnerten Zeiten. Was hat diese Musik doch gefehlt in der Zwischenzeit, obwohl und gerade weil das niemand eigentlich so richtig bemerkt hätte.