Review

Grandbrothers

Late Reflections

City Slang • 2023

Schloss Neuschwanstein oder das Brandenburger Tor? Nein, der Kölner Dom ist die meistbesuchte Sehenswürdigkeit Deutschlands. Anlässlich des 700-jährigen Jubiläums der gotischen Kathedrale sollten die Grandbrothers Erol Sarp und Lukas Vogel eigentlich »nur« ein Konzert in den heiligen Hallen spielen. Herausgekommen ist ein ganzes Konzeptalbum, das die ausladenden Kompositionen des Klavierduos mit dem erhabenen Raumklang des 45 Meter hohen Kirchenschiffs verbindet.

Waren die Grandbrothers auf ihren bisherigen drei Alben schon recht üppig und opulent, so übertrifft »Late Reflections« dies mit Leichtigkeit und klingt noch größer, weiter, ätherischer. Dafür sind die vor allem auf dem letzten Album »All The Unknown« von 2021 angedeuteten Clubklänge wieder fast gänzlich verschwunden – die Kathedrale ist eben doch kein Tanztempel… Hervorzuheben ist auch, dass Grandbrothers, obwohl sie das bedeutende Gotteshaus zum Studio umfunktioniert haben, mit Religion glücklicherweise nichts am Hut haben.

Die zehn Tracks sind zwar erhaben, aber eben nicht sakral, und statt einer Kirchenorgel erklingt nach wie vor ein präpariertes Klavier. Dementsprechend eignet sich »Late Reflections« eher zur inneren Einkehr und Selbstreflexion als zum kollektiven Segen und zur Heiligenverehrung. Aber die meisten Touristen kommen ja auch nicht zum Beten, sondern zum Staunen in den Kölner Dom.