Review

Hiatus Kaiyote

Choose Your Weapon

Flying Buddha • 2015

Bei der Art operativer Kunst, wie sie auf diesem Album betrieben wird, kann man von Hiatus Kaiyote mittlerweile behaupten, dass sie die fleischgewordene, ernstzunehmende Friedenserhaltungskampfbomberstaffel sind, von deren Effizienz und Durchschlagskraft die amerikanische Außenpolitik nur träumen kann. Bereits ihr selbst produziertes Debut »Tawk Tomahawk« schlug ein wie eine Bombe. Die Druckwelle war von Hawaii bis Shanghai spürbar, und vereinte Gleichgesinnte aller Nationen unter hochgehaltener Fahne. Nun legt man mit »Choose Your Weapon« in Langspielplattenlänge nach, und feuert polyrhythmische Salven mit solcher Durchschlagskraft kreuz und quer durch die vergangenen Jahrzehnte der Musikgeschichte, dass sie noch in ferner Zukunft nachhallen dürften. Die sanft beruhigende Klangwelt des australischen Outback ist auf diesem Album so präsent wie auf dem Vorgänger. Tracks wie »The Lung« oder »Fingerprints« setzen nahtlos an der guten alten Zeitdilatation von »Malika« oder auch »Leap Frog« an. Endlich aber übersteuern diese Zukunftsmusiker aus Down Under mal im oberen Drehzahlbereich. Klarer Favorit ist für mich ist der Song »Atari«. Musikalisch eine deutliche Hommage an die Zocker der ersten Stunde. So wie Perrin Moss hier die (Joy-)sticks wirbelt, und Simon Mavis’ mit seiner Fingerfertigkeit dem Arpeggiator seine Funktion streitig macht, müssen sie der Albtraum eines jeden Endgegners gewesen sein. Der Song »Jekyll« ist ein weiteres gutes Beispiel dafür, was die Jungs unter der Haube haben. Nach einem tiefenentspannten Intro, wird unverhofft wie von einem Kleinkind mal im 6/8 dann wieder im 4/4 vor die Kopflehne gehämmert, so dass man wohl oder übel mitnicken muss. Die neuen Songs zeigen darüber hinaus aber vor allen Dingen, wie dehnbar die Zählzeiten sein können, wenn man stilistisch so unvoreingenommen mit Harmonie und Rhythmik umgeht, wie die Frontfrau mit ihrer Garderobe. »Molasses« oder aber auch »Breathing Underwater« sind musikalische Erzählkunst, wie Sie im Buche steht. Vor 500 Jahren wären die Jungs berufene Troubadoure gewesen; im Frankreich des letzten Jahrhunderts hätten Sie zu den begnadetsten Chansoniers gezählt. Heutzutage schreit die breite Masse, bei einer solch beharrlichen Vielzahl an Tempi- und Tonartwechseln, für gewöhnlich lauthals auf. Aber hört für euch selbst! Mit der erhabenen Selbstverständlichkeit, die diese vier Australier als Geschichtenerzähler innehaben, wird euch der letzte Schrei im Hals, und vielleicht sogar im Herzen stecken bleiben.