Review

Horace Tapscott Quintet

The Quintet

Mr Bongo • 2022

Das Wilde und das Harmonische liegen bei Horace Tapscott dicht beieinander und sind gleichzeitig weit voneinander entfernt. Das Wilde ist das Wildeste, Chaos und Dickicht, verschnörkelt und ineinander verwoben. Das Harmonische ist meist hymnisch, Fanfaren der Glückseligkeit, schönste Melodie. Dieser Kluft macht den Jazz auf »The Quintet« aus, ein Album, das 1969 im Zuge der Sessions zu »The Giant Is Awakened« entstanden ist und jetzt bei Mr Bongo erstmals überhaupt veröffentlicht wird. »The Quintet« sind neben Horace Silver am Piano, noch Arthur Blythe am Alt-Saxophon, Everett Brown Jr. am Schlagzeug, sowie David Bryant und Walter Savage Jr. am Kontrabass. Zwei Leute am Bass, das ist ungewöhnlich. Und interessant. Einer von beiden geht mit der Melodie, der andere mit dem Rhythmus; ein Bass wird gezupft und der andere wird mit dem Bogen gespielt; oder beide machen, was sie wollen und dir einen Knoten in die Ohren. Wie auf dem sechzehnminütigem »For Fats«. Das Stück ist im Prinzip schon der krachende Abgesang von Horace Tapscott auf die Musikindustrie, der er nachfolgend mit Misstrauen entengegentrat, nur noch auf kleinsten Labels veröffentlichte, und sich später mit seinem The Pan-Afrikan People’s Arkestra dazu verschrieb, das Afrikanische im Jazz zu betonen. Diese drei Stücke sind ein kraftvolles Zeugnis eines Jazz ohne Rücksicht auf Verluste.