Review

Kangding Ray

61 Mirrors / Music for SKALAR

Ara • 2020

Bevor David Letellier als Produzent von slickem, Peak-Time-kompatiblem Techno bekannt wurde, war der in Berlin lebende Franzose vor allem mit der Erkundung von den Möglichkeiten des Sounddesigns und visueller Kunst beschäftigt. Nachdem er auf seinen letzten drei Alben vor allem futuristische Dance Music vorlegte, knüpft er mit »61 Mirrors / Music for SKALAR« auf seinem eigenen Imprint Ara wieder deutlicher an den explorativen Strängen seines Frühwerks an. Die Kompositionen entstanden für die im Jahr 2018 erstmals präsentierte audiovisuelle Installation SKALAR mit dem Lichtkünstler Christopher Bauder, der auch durch seine Arbeit mit Robert Henke bekannt ist. Über etwas mehr als eine Stunde widmet sich Letellier der Wechselwirkung von Dynamiken, Rhythmen und dicht verzahnten melodischen Elementen. Die Atmosphäre ist ahnungsvoll, aber steril, nur selten blitzt wie auf »Sun« ein hoffnungsvoller Schimmer auf, der dann auch gleich an die Aphex Twinschen Ambient-Werke von anno dazumal erinnertn. Auch die Anleihen an Techno wie auf »Oboe«, einem Art Basic-Channel-Derivat, sind abstrakt gehalten – schließlich soll mit diesem Sound niemand in Bewegung gebracht, sondern vielmehr die Möglichkeiten eines Raums auditiv beschrieben werden, in welchem per Laser beleuchtete Spiegel wie Quallen von der Decke hängen. Das Verblüffendste an »61 Mirrors / Music for SKALAR« ist allerdings, wie konsequent Kangding Ray sie auf Albumlänge in einen konsequenten Fluss bringt und ihr ein Eigenleben weitab von Funktionskunstmusik zugesteht. Weit über ihren Dokumentationscharakter hinaus bilden diese neun Tracks ein in sich logisch konzipiertes Album, eines der besten seiner beeindruckenden Karriere obendrein.