Besserwisser haben sich längst darauf geeinigt: The Emperor’s New Clothes 2025 sei so notwendig wie eine Fortsetzung von Der Schuh des Manitu. Beim ohnehin diffusen Wu-Katalog überrascht das kaum. Doch im Gegensatz zu Ghostface (dessen Supreme Clientele 2 gerade eindrucksvoll demonstriert, dass so mancher zweite Teil lieber in der Schublade der Schnapsideen bleiben sollte) stellt Raekwon auf seinem achten Album solide Beat-Maschinisten wie J.U.S.T.I.C.E. League oder Swizz Beatz an – und hat etwas, das Ghost nicht hat: ein Konzept.
Anstatt dem Gen-Zeitgeist hinterherzuscrollen, droppt The Chef hier das, was früher »Streetalbum« genannt wurde. Die Akai-Arrangements und Chipmunk-Samples wirken zwar auf den ersten Klick ungewohnt bis outdated, doch im weiteren Verlauf entpuppt sich das Album als Playlist für B-Boys, die der Streetwear zwar entwachsen sind, aber ab und zu noch ihre alten DatPiff-Downloads durch die JBL-Boxen jagen. The Emperor’s New Clothes bringt ihn zurück, den nicht ganz so old New York Rap. Da fällt es kaum ins Gewicht, dass sich manches wie ein Warm-up anfühlt. Raekwons drehbuchartige Drogenbaron-Dichtungen sind 30 Jahre nach Only Built 4 Cuban Linx noch immer so kaltschnäuzig, dass selbst die B-Roll wie ein Hauptfilm wirkt.
Neben dem Schulterschluss mit dem Griselda-Gesindel und einem denkwürdigen Nas-Part hätte Raekwon die knapp 40 Minuten aber auch alleine getragen. Wenn Des Kaisers neue Kleider davon erzählt, wie Außenwirkung die Selbstwahrnehmung beeinflusst, zeigt The Emperor’s New Clothes, wie Selbstwahrnehmung die Außenwirkung beeinflussen kann.